Gralsbotschaft
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Gralsbotschaft

IM LICHTE DER WAHRHEIT
NEUE GRALSBOTSCHAFT von ABDRUSCHIN
OSKAR ERNST BERNHARDT
Das Buch aus dem Jahre 1926.

Irdische Güter

Es taucht sehr oft die Frage auf, ob sich der Mensch von irdischen Gütern trennen oder diesen Nichtachtung entgegenbringen soll, wenn er nach geistigem Gewinne strebt. Töricht wäre es, einen derartigen Grundsatz aufzustellen! Wenn es heißt, daß der Mensch nicht an irdischen Gütern hängen darf, sobald er nach dem Himmelreiche strebt, so ist damit nicht gesagt, daß er irdische Güter verschenken oder wegwerfen soll, um in Armut zu leben. Der Mensch kann und soll froh genießen von dem, was ihm Gott durch seine Schöpfung zugänglich macht. An irdischen Gütern „nicht hängen dürfen“ bedeutet nur, daß sich ein Mensch nicht so weit hinreißen lassen soll, ein Zusammenraffen von irdischen Gütern als obersten Zweck seines Erdenlebens anzusehen, sich also dadurch vorwiegend an diesen einen Gedanken „zu hängen“. Eine derartige Einstellung müßte ihn ganz selbstverständlich von höheren Zielen ablenken. Er hätte dann dazu keine Zeit mehr und würde wirklich mit allen Fasern seines Seins nur noch an diesem einen Ziele des Erwerbes irdischen Besitzes hängen. Sei es nun um der Güter selbst willen, oder der Vergnügung halber, die der Besitz ermöglicht, oder auch wegen anderer Zwecke, gleichviel, es bliebe im Grunde immer dasselbe Ergebnis. Der Mensch hängt und bindet sich damit an das rein Irdische, wodurch er den Blick nach oben verliert und nicht aufwärts kommen kann.
Diese falsche Auffassung, daß irdische Güter nicht zu einem geistigen Höherstreben gehören, hat ja bei der Mehrheit der Menschen auch den unsinnigen Begriff nach sich gezogen, daß alle geistigen Bestrebungen nichts mit irdischen Gütern gemein haben dürfen, wenn sie für ernst genommen werden sollen. Welchen Schaden sich die Menschheit damit selbst zuzog, ist ihr sonderbarer Weise nie bewußt geworden. 
 Sie entwerten sich damit die geistigen, also höchsten Gaben, die ihnen zu teil werden können; denn weil durch diese sonderbare Einstellung alle geistigen Bestrebungen bisher auf Opfer
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und Schenkung angewiesen sein sollten, ähnlich wie die Bettler, so schlich sich damit auch unbemerkt die gleiche Einstellung, die den Bettlern gegenüber entsteht, auch de geistigen Bestrebungen gegenüber ein.Diese konnten dadurch nie die Achtung erwerben, die ihnen eigentlich in allererster Linie gebührt. Die Bestrebungen selbst aber mußten aus dem gleichen Grunde stets von vornherein den Todeskeim in sich tragen, weil sie nie fest auf eigenen Füßen stehen konnten, sondern immer abhängig blieben von dem guten Willen der Menschen. Gerade um sein Heiligstes, das Geistige, der Menschheit gegenüber zu schützen und zu wahren, darf ein ernsthaft Strebender der irdische Güter nicht verachten! Sie müssen ihm in der grobstofflichen Welt vorwiegend jetzt als Schild dienen, um Gleiches mit Gleichem abwehren zu können. Ein ungesunder Zustand würde herbeigeführt, wenn in der Zeit der Materialisten geistig Aufwärtsstrebende die stärkste Waffe der skrupellosen Gegner verachten wollten! Es wäre dies ein Leichtsinn, der sich schwer rächen könnte. 
 Darum, ihr wahrhaft Gläubigen, verachtet nicht irdische Güter, die auch nur durch den Willen des Gottes geschaffen werden konnten, den ihr zu ehren sucht! Doch laßt euch nicht von der Behaglichkeit einschläfern, die der Besitz irdischer Güter mit sich bringen kann, sondern macht gesunden Gebrauch davon.
Ebenso ist es mit den besonderen Gaben solcher Kräfte, die zu Heilungen verschiedener Krankheiten dienen, oder mit ähnlichen segensreichen Befähigungen. In der naivsten, oder wollen wir richtiger sagen, unverfrorensten Weise setzen die Menschen voraus, daß ihnen diese Fähigkeiten unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden, weil sie ja auch aus dem Geistigen als besonderes Geschenk zur Ausübung gegeben wurden. Es geht sogar so weit, daß manche Menschen noch eine spezielle Freudenbezeugung erwarten, wenn sie sich „herabgelassen“ haben, in großer Not sich Hilfe solcher Art zu bedienen. Derartige Menschen müssen ausgeschlossen werden von aller Hilfe, auch wenn es die einzige wäre, die ihnen noch helfen könnte!
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Die also begabten Menschen aber sollten ihr Gottesgeschenk erst einmal selbst höher einschätzen lernen, damit nicht immer wieder Perlen vor die Säue geworfen werden. Sie brauchen zu einer ernsten Hilfeleistung weit mehr körperliche und feinstoffliche Kraft, sowie auch Zeit, als ein Jurist zu seiner besten Verteidigungsrede, oder ein Arzt bei vielen Krankenbesuchen, oder ein Maler bei der Schaffung eines Bildes. Keinem Menschen würde es je einfallen, dem Juristen, dem Arzte oder dem Maler eine kostenlose Tätigkeit zuzumuten, trotzdem ein gutes Auffassungsvermögen wie jede andere Begabung auch nur ein „Gottesgeschenk“ ist, nichts anderes. Werft diese Bettelkleider endlich ab und zeigt euch in dem Gewande, das euch gebührt.
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Der Tod

Etwas, an das alle Menschen ohne Ausnahme glauben, ist der Tod! Ein jeder ist von seine Eintreten überzeugt. Er ist eine der wenigen Tatsachen, über die keinerlei Streit und keinerlei Unwissenheit herrscht. Doch trotzdem alle Menschen von Kindheit an damit rechnen, einmal sterben zu müssen, sucht doch die Mehrzahl den Gedanken daran immer abzuwehren. Viele werden sogar heftig, wenn in ihrer Gegenwart einmal davon gesprochen wird. Andere wieder vermeiden es sorgfältig, Friedhöfe aufzusuchen, gehen Begräbnissen aus dem Wege und suchen jeden Eindruck möglichst schnell wieder zu verwischen, wenn sie doch einmal einem Trauerzuge auf der Straße begegnen. Dabei drückt sie immer eine geheime Angst, daß sie einmal plötzlich von dem Tode überrascht werden könnten. Unbestimmte Furcht hält sie davon ab, mit ernsten Gedanken an diese unverrückbare Tatsache heranzutreten.
Es gibt kaum ein zweites Vorkommnis, das bei seiner Unumgänglichkeit immer wieder in Gedanken so zur Seite geschoben wird, als der Tod. Kaum aber auch einen so bedeutungsvollen Vorgang im irdischen Leben, außer der Geburt. Es ist doch auffallend, daß sich der Mensch gerade mit dem Anfang und dem Ende seines Erdenseins so wenig beschäftigen will, während er allen anderen Vorgängen, sogar ganz nebensächlichen Dingen, eine tiefe Bedeutung beizulegen sucht. Er forscht und grübelt über alles Zwischengeschehen mehr als über das, was ihm über alles Aufklärung bringen würde: der Anfang und das Ende seines Erdenlaufes. Tod und Geburt sind ja so eng verbunden, weil eines die Folge des anderen ist.
Wie wenig Ernst aber wird schon der Zeugung beigelegt! Wohl in sehr seltenen Fällen ist dabei etwas Menschenwürdiges zu finden. Gerade in diesem Vorgange stellen sich die Menschen mit Vorliebe den Tieren gleich und vermögen es doch nicht, deren Harmlosigkeit darin beizubehalten. Das ergibt eine
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Stellungnahme unter das Tier. Denn dieses handelt nach seiner Stufe, die es in der Schöpfung inne hat. Der Mensch jedoch vermag es nicht, oder will es nicht, die ihm gebührende Stufe einzuhalten. Er steigt tiefer hinab und wundert sich dann, wenn es in verschiedenen Beziehungen mit der ganzen Menschheit nach und nach bergab geht. Schon die Gebräuche der Hochzeiten sind alle darauf eingestellt, den Ehebund lediglich als eine rein irdische Angelegenheit zu betrachten. Es geht dabei in vielen Fällen sogar so weit, daß ernst angelegte Naturen sich mit Ekel vor unzweideutigen, nur auf irdischen Verkehr hinweisenden Einzelheiten abwenden möchten. Die Hochzeitsfeiern in niederen, wie auch in besseren Kreisen sind in vielen Fällen nur zu regelrechten Kuppelorgien ausgeartet, denen beizuwohnen alle ihrer hohen Verantwortung bewußten Eltern den Kindern mit schärfster Strenge untersagen müßten. Jünglinge und Jungfrauen aber, welche bei diesen Sitten und Anspielungen während eines solchen Festes nicht selbst Abscheu in sich erstehen fühlen, und aus diesem Grunde in ihrer eigenen Verantwortlichkeit für ihr Tun und Lassen nicht fernbleiben, sind sowieso schon auf gleich niedere Stufe zu rechnen, können also bei einer Beurteilung nicht mehr in Betracht gezogen werden. Es ist, als ob die Menschen sich auch hierin durch einen vergifteten Rausch über etwas hinwegzutäuschen versuchen, an das sie nicht.
Wenn dann das irdische Leben auf solch leichtfertigen Grundlagen aufgebaut wird, wie es schon Sitte und Gebrauch geworden ist, kann man verstehen, daß sich die Menschen auch über den Tod hinwegzutäuschen versuchen, indem sie sich krampfhaft bemühen, nicht daran zu denken. Dieses Hinwegschieben aller ernsten Gedanken steht in engem Zusammenhange mit der eigenen Tiefstellung bei der Zeugung. Die unbestimmte Furcht, die wie ein Schatten durch das ganze Erdenleben neben dem Menschen herläuft, entspringt zum großen Teile dein vollen Bewußtsein alles Unrechtes der leichtsinnigen, die Menschen entwürdigenden Handlungen. Und wenn sie gar nicht anders Ruhe bekommen können, so klam-
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mern sie sich zuletzt krampfhaft und gekünstelt an den Selbstbetrug, daß es entweder mit dem Tode ganz aus ist, womit sie das Bewußtsein ihrer Minderwertigkeit bekunden, oder Feigheit vor einer eventuellen Verantwortung voll bekunden, oder an die Hoffnung , daß sie auch nicht viel schlechter sind als andere Menschen.
Aber alle die Einbildungen ändern nicht ein Stäubchen an der Tatsache, daß der irdische Tod an sie herantritt. Mit jedem Tag, jeder Stunde kommt er näher! Jämmerlich sieht es oft aus, wenn in den letzten Stunden bei der Mehrzahl aller derer, die mit Starrheit eine Verantwortung in einem Fortleben wegzuleugnen versuchten, das große, angstvolle Fragen einsetzt, welches beweist, wie sie an ihrer Überzeugung plötzlich irre werden. Es vermag ihnen dann aber nicht viel zu nützen; denn es ist wiederum nur Feigheit, die sie kurz vor dem großen Schritt aus dem Erdenleben plötzlich die Möglichkeit eines Fortlebens und mit diesem einer Verantwortung vor sich sehen läßt. Angst aber, Furcht und Feigheit läßt ebensowenig die Verminderung oder Ablösung der unbedingten Wechselwirkung aller Handlungen zu wie Trotz. Ein Einsehen, also zur Erkenntnis kommen, geht auch nicht in dieser Weise vor sich. Sterbenden Menschen spielt dann aus Furcht heraus noch in den letzten Stunden ihre so oft im Erdenleben erprobte Verstandesklugheit einen üblen Streich, indem sie den Menschen plötzlich in gewohnter Vorsicht noch schnell verstandesfromm werden lassen möchte, sobald die Loslösung des weiterlebenden feinstofflichen Menschen von dem grobstofflichen Körper schon einen so hohen Grad erreicht hat, daß das Empfindungsleben in dieser Loslösung der Stärke des Verstandes gleichkommt, dem es bisher gewaltsam untergeordnet war.
Sie haben dadurch keinen Gewinn! Sie werden ernten, Was sie an Gedanken und Handlungen in ihrem Erdenleben gesät haben. Nicht das Geringste ist damit gebessert oder auch nur geändert! Unwiderstehlich werden sie in die Räder der streng arbeitenden Gesetze der Wechselwirkung gezogen, um in diesen in der feinstofflichen Welt alles das durchzuleben, was Sie fehl-
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ten, also aus falscher Überzeugung heraus dachten und handelten. Sie haben alle Ursache, die Stunde des Loslösens von dem irdischen grobstofflichen Körper zu fürchten, der ihnen eine Zeitlang für viele feinstoffliche Vorgänge ein Schutzwall war. Dieser Schutzwall wurde ihnen als Schild und Deckung eine Zeitlang überlassen, damit sie hinter ihm in ungestörter Ruhe vieles zum Besseren ändern und sogar ganz ablösen konnten, was sie ohne diesen Schutz schwer hätte treffen müssen.
Doppelt traurig, ja zehnfach ist es für den, der diese Gnadenzeit eines Erdendaseins in leichtsinnigem Selbstbetruge wie in einem Rausche durchtaumelt. Die Furcht und Angst ist also bei vielen begründet.
Ganz anders mit denen, die ihr Erdendasein nicht vergeudeten, die noch zu rechter Zeit, wenn auch in später Stunde, aber nicht aus Furcht und Angst heraus den Weg geistigen Aufstieges betraten. Ihr ernstes Suchen nehmen sie als Stab und Stütze mit hinüber in die feinstoffliche Welt. Sie können ohne Furcht und Bangen den Schritt aus dem Grobstofflichen in das Feinstoffliche unternehmen, der für jeden unausbleiblich ist, da alles, was vergänglich ist, wie der grobstoffliche Körper, auch einmal wieder vergehen muß. Die Stunde dieser Ablösung können sie begrüßen, weil es für sie ein unbedingter Fortschritt ist, gleichviel, was sie im feinstofflichen Leben durchzuleben haben. Das Gute wird sie dann beglücken, dos Schwere wird ihnen überraschend leicht gemacht; denn dabei hilft das gute Wollen kraftvoller, als sie es je geahnt haben.
Der Vorgang des Todes selbst ist weiter nichts, als die Geburt in die feinstoffliche Welt. Ähnlich dem Vorgange der Geburt in die grobstoffliche Welt. Der feinstoffliche Körper ist mit dem grobstofflichen Körper nach der Lösung eine Zeitlang wie durch eine Nabelschnur verbunden, die um so weniger fest ist, je höher der also in die feinstoffliche Welt Geborene seine Seele schon in dem Erdensein nach der feinstofflichen Welt hin entwickelt hat, als Übergang in das Reich seines Gottes. Je mehr er sich selbst durch sein Wollen an die Erde kettete, also an das Grobstoffliche, und so von dem Fortleben
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in der feinstofflichen Welt nichts wissen wollte, desto fester gefügt wird durch dieses sein eigenes Wollen auch diese Schnur sein, die ihn an den grobstofflichen Körper bindet, und damit auch sein feinstofflicher Körper, den er als Gewand des Geistes in der feinstofflichen Welt bedarf. Je dichter aber sein fein- stofflicher Körper ist, desto schwerer ist er nach den üblichen Gesetzen, und desto dunkler muß er auch erscheinen. Er wird sich durch diese große Ähnlichkeit und nahe Verwandtschaft alles Grobstofflichen auch sehr schwer von dem grobstofflichen Körper lösen, so daß es vorkommt, daß ein solcher auch die letzten grobstofflich-körperlichen Schmerzen noch mit fühlen muß, sowie den ganzen Zerfall in der Verwesung. Bei Verbrennung bleibt er ebenfalls nicht unempfindlich. Nach endlicher Trennung dieser Verbindungsschnur aber sinkt er in der feinstofflichen Welt bis dahin hinab, wo seine Umgebung die gleiche Dichtheit und Schwere hat. Dort findet er dann in der gleichen Schwere auch lauter Gleichgesinnte vor. Daß es aber übler zugeht als auf Erden in dem grobstofflichen Körper, ist erklärlich, weil sich in der feinstofflichen Welt alle Empfindungen voll und ungehemmt ausleben.
Anders mit den Menschen, die den Aufstieg zu allem Edleren schon in dem Erdensein begannen. Weil diese die Überzeugung des Schrittes in die feinstoffliche Welt lebendig in sich tragen, ist die Loslösung auch viel leichter. Der feinstoffliche Körper und mit ihm die Verbindungsschnur ist nicht dicht, und dieser Unterschied in ihrer gegenseitigen Fremdheit mit dein grobstofflichen Körper läßt die Loslösung auch sehr schnell erfolgen, so daß der feinstoffliche Körper während des ganzen sogenannten Todeskampfes oder den letzten Muskelzuckungen des grobstofflichen Körpers schon lange neben diesem steht, wenn überhaupt von einem Todeskampfe bei normalem Sterben eines solchen Menschen gesprochen werden kann. Der lose, undichte Zustand des Verbindungsstranges läßt den danebenstehenden feinstofflichen Menschen keinerlei Schmerzen mitempfinden, da dieser leichte Verbindungsstrang
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in seinem undichten Zustande keinen Schmerzleiter vom Grobstofflichen zum Feinstofflichen abgeben kann. Dieser Strang sprengt auch infolge seiner größeren Feinheit die Verbindung schneller, so daß der feinstoffliche Körper in viel kürzerer Frist vollkommen frei wird, und dann nach der Region in die Höhe schwebt, die aus der gleichen feineren und leichteren Art besteht. Dort wird auch dieser nur Gleichgesinnte treffen können und in dem erhöhten guten Empfindungsleben Frieden und Glück empfangen. Ein solcher leichter und weniger dichter feinstofflicher Körper erscheint naturgemäß auch heller und lichter, bis er zuletzt in so große Verfeinerung kommt, daß das in ihm ruhende Reingeistige strahlend durchzubrechen beginnt, bevor er als ganz lichtstrahlend in das Rein-Geistig-Wesenhafte eingeht.
Die bei einem Sterbenden weilenden Menschen aber seien gewarnt, daß sie nicht in lautes Klagen ausbrechen. Durch den zu stark gezeigten Trennungsschmerz kann der in Loslösung begriffene oder vielleicht schon danebengehende feinstoffliche Mensch ergriffen werden, es also hören oder fühlen. Erwacht dadurch in ihm das Mitleid oder der Wunsch, noch Trostesworte zu sagen, so bindet ihn dieses Verlangen wieder fester mit dem Bedürfnis, sich den schmerzerfüllt Klagenden verständlich bemerkbar zu machen. Irdisch verständlich machen kann er sich nur unter Zuhilfenahme des Gehirnes. Das Bestreben aber zieht die enge Verbindung mit dem grobstofflichen Körper nach sich, bedingt sie, und deshalb kommt als Folge, daß nicht nur ein noch in Loslösung begriffener feinstofflicher Körper sich wieder enger mit dem grobstofflichen Körper vereinigt, sondern auch ein bereits danebenstehender losgelöster feinstofflicher Mensch nochmals zurückgezogen wird in den grobstofflichen Körper. Endergebnis ist die Wiederempfindung aller Schmerzen, denen er schon enthoben war. Die erneute Loslösung erfolgt dann weit schwerer, sie kann sogar einige Tage anhalten. Dann entsteht der sogenannte verlängerte Todeskampf, der für den sieh Lösenwollenden wirklich schmerzhaft und schwer wird. Schuld da-
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ran sind die, die ihn aus der natürlichen Entwicklung durch ihren egoistischen Schmerz zurückriefen. Durch diese Unterbrechung des normalen Laufes erfolgte eine neue, gewaltsame Bindung, sei es auch nur durch den schwachen Versuch einer Konzentration zur Verständlichmachung. Und diese widernatürliche Bindung wieder zu lösen, ist dem damit noch vollkommen Unbewanderten nicht so leicht. Geholfen kann ihm dabei nicht werden, da er selbst die neue Bindung wollte. Diese Bindung kann leicht eintreten, solange der grobstoffliche Körper noch nicht ganz erkaltet ist und der Verbindungsstrang besteht, der oft erst nach vielen Wochen zerreißt. Also eine unnötige Qual für den Hinübergehenden, eine Rücksichtslosigkeit und Rohheit der Umstehenden. Deshalb soll in einem Sterbezimmer unbedingte Ruhe herrschen! Ein der bedeutungsvollen Stunde entsprechender würdiger Ernst. Personen, die sich nicht beherrschen können, sollten gewaltsam entfernt werden, auch wenn es die nächsten Angehörigen sind.
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Wunder

Die Erklärung dafür liegt in dem Worte selbst. Wunder ist ein Vorgang, über den der Mensch in Verwunderung gerät. Es ist etwas, das er nicht für möglich hält. Aber auch nur hält, denn daß es möglich ist, hat ja das Eintreten des Wunders schon bewiesen.
Wunder nach den Vorstellungen vieler an Gott glaubender Menschen gibt es nicht! Diese halten ein Wunder für etwas außerhalb der Naturgesetze Geschehendes, sogar für etwas, das allen Naturgesetzen entgegensteht. Darin erblicken sie gerade das Göttliche! Ein Wunder ist für sie etwas, das nur ihrem Gotte möglich ist, der darin seine besondere Gnade zeigt und seine Allmacht dazu anwendet.
Die armen Menschen denken sich unter Allmacht irrtümlich die Möglichkeit von Willkürsakten und die Wunder als solche Willkürsakte. Sie überlegen sich nicht, wie sehr sie Gott damit verkleinern; denn diese Art Wunder würden nichts weniger als göttlich sein.
Im göttlichen Wirken liegt in erster Linie eine unbedingte Vollkommenheit, ohne Fehler, ohne Lücke. Und Vollkommenheit bedingt strengste Logik, unbedingte Folgerichtigkeit in jeder Beziehung. Ein Wunder muß sich demnach nur in lückenloser Folgerichtigkeit im Geschehen auswirken. Der Unterschied ist nur der, daß bei einem Wunder der für irdische Begriffe längere Zeit in Anspruch nehmende Entwicklungsgang sich zwar in üblicher Weise abspielt, doch in so ungeheuerer Geschwindigkeit, sei es nun durch die einem Menschen besonders verliehene Kraft, oder durch andere Wege, daß es von den Menschen durch das außergewöhnlich schnelle Geschehen als wunderbar bezeichnet werden kann, kurz, als Wunder.
Es kann auch einmal etwas über die jetzige Entwicklung Hinausreichendes sein, das durch konzentrierte Kraft erfüllt
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wird. Aber es wird sich nie und nimmer außerhalb der bestehenden Naturgesetze stellen oder diesen sogar entgegen. In dem Augenblicke, der an sich sowieso unmöglich ist, würde es alles Göttliche verlieren und ein Akt der Willkür werden. Also gerade das Gegenteil von dem, was viele Gottesgläubige wähnen. Alles, was einer strengen Folgerichtigkeit entbehrt, ist ungöttlich. Jedes Wunder ist ein unbedingt natürlicher Vorgang, nur
 in außergewöhnlicher Schnelligkeit und konzentrierter Kraft; niemals kann etwas Unnatürliches geschehen. Das ist vollkommen ausgeschlossen.
 Erfolgen Heilungen bisher als unheilbar geltender Krankheiten, so ruht darin keine Veränderung der Naturgesetze, sondern es zeigt nur die großen Lücken des menschlichen Wissens. Umso mehr muß es als eine Gnade des Schöpfers erkannt werden, der einzelne Menschen hier und da mit besonderer Kraft begabt, die sie zum Heile leidender Menschheit verwenden können. Immer aber werden es nur solche sein, die sich allem Dünkel einer Wissenschaft fernhielten, da das erdgebundene Wissen die Fähigkeit, höhere Gaben entgegenzunehmen, ganz naturgemäß erstickt.
 Erdgebundenes Wissen will erringen, vermag niemals rein, also kindlich zu empfangen. Aus dem Raum- und Zeitlosen kommende Kräfte aber können nur einfach empfangen, nie errungen werden! Dieser Umstand allein zeigt, was das Wertvollere, das Stärkere, also auch das Richtigere ist!
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Die Taufe

Wird die Taufe eines Kindes durch einen Geistlichen ausgeführt, der sie lediglich als Amtspflicht betrachtet, so ist sie absolut bedeutungslos, bringt weder Nutzen noch Schaden. Bei der Taufe eines Erwachsenen dagegen trägt dessen innere Empfangsbereitschaft dazu bei, je nach deren Stärke und Reinheit wirklich etwas Geistiges zu erhalten oder nicht.
Bei einem Kinde kann nur der Glaube eines Taufenden als Mittel zum Zweck in Betracht kommen. Je nach dessen Stärke und Reinheit erhält das Kind durch die Handlung eine gewisse geistige Kräftigung, sowie eine Schutzwand gegen üble Strömungen.
Die Taufe ist eine Handlung, die nicht jeder von irdischen Kirchenleitungen eingesetzte Mensch wirkungsvoll vornehmen kann. Dazu gehört ein Mensch, der mit dem Lichte in Verbindung steht. Nur ein solcher vermag Licht zu vermitteln. Diese Fähigkeit aber wird nicht durch irdisches Studium, nicht durch kirchliche Weihe oder Amtseinsetzung erreicht. Sie hängt überhaupt nicht mit irdischen Gebräuchen zusammen, sondern ist lediglich ein Geschenk des Höchsten selbst.
Ein so Beschenkter wird dadurch zum Berufenen! Diese sind nicht zahlreich vorhaden; denn das Geschenk bedingt als Voraussetzung einen entsprechenden Boden in dem Menschen selbst. Ist die Vorbedingung in ihm nicht gegeben, so kann die Verbindung von dem Lichte aus nicht herbeigeführt werden. In unlockerem, oder von dem Lichte abstrebendem Boden vermag sich das Licht nicht zu senken, da auch dieser Vorgang wie alles andere streng den alles durchströmenden Urgesetzen unterworfen ist.
Ein solch Berufener vermag aber durch die Handlung der Taufe wirklich Geist und Kraft zu übertragen, so daß die Taufe den Wert erhält, den sie symbolisch ausdrückt. Trotzdem ist es
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immer noch vorzuziehen, die Taufe nur solchen zuteil werden zu lassen die sich selbst der Wirkung dieser Handlung voll bewußt sind und den sehnsüchtigen Wunsch darnach empfinden. Die Taufe bedingt also ein gewisses Reifealter und den freiwilligen Wunsch des Täuflings, sowie einen Berufenen als Täufer, um sie wirklich vollwertig werden zu lassen.
Johannes der Täufer, der noch heute von allen christlichen Kirchen als wirklich Berufener angesehen und anerkannt wird, hatte seine größten Widersacher gerade in den Schriftgelehrten und Pharisäern, die sich damals als die zu einem Urteile darüber Berufensten wähnten. Das damalige Volk Israel selbst war berufen. Daran ist kein Zweifel. In seiner Mitte sollte der Gottessohn sein Erdenwerk vollbringen. In dieser Erfüllung war aber die Berufung des ganzen Volkes erloschen. Ein neues Israel wird erstehen zu neuer Erfüllung. Aber zu Johannes Zeiten war das damalige Israel noch das berufene Volk. Demnach hätten auch die Priester dieses Volkes zu dieser Zeit die Berufensten zu einer Taufe sein sollen. Trotzdem aber mußte Johannes der Täufer kommen, um als einzig Berufener den Gottessohn in seiner Erdenhülle bei Beginn seiner eigentlichen irdischen Wirksamkeit zu taufen. Dieses Ereignis beweist ebenfalls, daß irdische Einsetzungen in ein Amt nichts mit göttlichen Berufungen zu tun haben. Ausübungen in dem Namen Gottes aber, also in seinem Auftrage, wie es bei der Taufe sein soll, können wiederum nur göttlich Berufene wirksam erfüllen. Der von dem damaligen Hohepriester des berufenen Volkes nicht anerkannte göttlich berufene Johannes der Täufer nannte diese seine Gegner „Otterngezücht“. Er sprach ihnen das Recht ab, zu ihm zu kommen.
Dieselben Priester des damals berufenen Volkes erkannten ja auch den Gottessohn selbst nicht an, verfolgten ihn dauernd und arbeiteten an seiner irdischen Vernichtung, da er ihnen überlegen und somit lästig war. Wenn Christus heute in neuer Gestalt unter die Menschen träte, so würde ihm ganz ohne Zweifel dieselbe Ableugnung und Feindschaft begegnen, wie es damals war. Ebenso würde es einem von ihm Gesandten ergehen.
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Um so mehr, da die Menschheit heute „fortgeschrittener“ zu sein wähnt.
Nicht nur aus diesem einen Falle des Johannes des Täufers, sondern aus zahlreichen gleichartigen Fällen geht ganz entschieden der Beweis hervor, daß irdisch-kirchliche Weihen und Amtseinsetzungen, die ja immer nur zu den „Organisationen der Kirchen“ als solche gehören, niemals eine größere Befähigung zu geistigen Handlungen bringen können, wenn nicht der Mensch selbst schon dazu berufen ist.
Richtig betrachtet ist also auch die Taufe der kirchlichen Vertreter nichts weiter als ein Interims-Aufnahme-Akt der Organisation einer religiösen Verbindung. Nicht eine Aufnahme bei Gott, sondern eine Aufnahme in die entsprechende kirchlich-irdische Gemeinschaft. Die später folgende Konfirmation und Firmung kann nur als eine nochmalige Bestätigung und erweiterte Zulassung zu den Gebräuchen dieser Gemeinschaften angesehen werden. Der Pfarrer handelt als „verordneter Diener der Kirche“, also rein irdisch, da Kirche und Gott nicht eins ist.
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Der heilige Gral!

Vielfach sind die Auslegungen der Dichtungen, die über den Heiligen Gral vorliegen. Die ernstesten Gelehrten und Forscher befaßten sich mit diesem Mysterium. So manches davon hat hohen, sittlichen Wert, doch alles trägt in sich den großen Fehler, daß es nur einen Aufbau vom Irdischen aufwärts zeigt, während die Hauptsache, der Lichtstrahl von oben herab, fehlt, der erst die Lebendigmachung und Erleuchtung bringen könnte. Alles, was von unten nach oben strebt, muß Halt machen an der Grenze des Stofflichen, auch wenn ihm das Höchsterreichbare gewährt ist. In den meisten Fällen kann jedoch bei günstigsten Vorbedingungen kaum die Hälfte dieses Weges zurückgelegt werden. Wie weit aber ist dann noch der Weg zur wahren Erkenntnis des Heiligen Grales!
Diese Empfindung der Unerreichbarkeit macht sich bei Forschern zuletzt fühlbar. Das Ergebnis davon ist, daß sie den Gral nunmehr als eine rein symbolische Bezeichnung eines Begriffes zu nehmen versuchen, um ihm so die Höhe zu geben, deren Notwendigkeit sie für diese Bezeichnung ganz richtig empfinden. Damit gehen sie aber in Wirklichkeit rückwärts, nicht vorwärts. Abwärts anstatt aufwärts Sie weichen von dem richtigen Wege ab, den die Dichtungen zum Teile schon in sich tragen. Nur diese lassen die Wahrheit ahnen. Aber auch nur ahnen, weil die hohen Inspirationen und visionären Bilder der Dichter durch den bei der Weitergabe mitarbeitenden Verstand zu stark verirdischt wurden. Sie verliehen der Wiedergabe des geistig Empfangenen das Bild ihrer derzeitigen irdischen Umgebung, um damit den Menschen den Sinn ihrer Dichtung verständlicher zu machen, was ihnen trotzdem nicht gelang, weil sie selbst dem eigentlichen Kerne der Wahrheit nicht nahe kommen konnten.
So war dem späteren Forschen und Suchen von vornherein ein unsicherer Grund gegeben; jedem Erfolge damit eine enge
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Grenze gesetzt. Daß man zuletzt nur noch an eine reine Symbolik denken konnte und die Erlösung durch den Gral in jedes Menschen innerstes Selbst verlegte, ist deshalb nicht erstaunlich.
Die bestehenden Deutungen sind nicht ohne großen ethischen Wert, aber sie können keinen Anspruch darauf machen, eine Erklärung der Dichtungen zu sein, noch viel weniger der Wahrheit des Heiligen Grales nahe zu kommen.
Auch ist unter dem Heiligen Gral nicht das Gefäß gemeint, daß der Gottessohn am Ende seiner irdischen Mission bei dem letzten Mahle mit seinen Jüngern benützte, worin dann sein Blut am Kreuze aufgefangen wurde. Dieses Gefäß ist eine heilige Erinnerung an das hohe Erlöserwerk des Gottessohnes, aber es ist nicht der Heilige Gral, den zu besingen die Dichter, der Legenden begnadet wurden. Diese Dichtungen sind von der Menschheit falsch aufgefaßt worden.
Es sollten Verheißungen sein aus höchsten Höhen, deren Erfüllungen die Menschen zu erwarten haben! Hätte man sie als solche aufgefaßt, so wäre sicherlich schon lange auch ein an-derer Weg gefunden worden, der die Forschungen noch etwas weiter führen konnte als bisher. So aber mußte in all den Deutungen zuletzt ein toter Punkt eintreten, weil niemals eine volle, lückenlose Lösung zu erreichen war, da der Ausgangspunkt einer jeden Forschung durch die bisherige falsche Auffassung von vornherein auf falschem Boden stand.
Nie wird ein Menschengeist, sei er auch zuletzt in seiner größten Vollendung und Unsterblichkeit, dem Heiligen Gral selbst gegenüberstehen können! Deshalb kann auch nie eine ausgiebige Kunde darüber von dort in das Stoffliche erdenwärts gelangen, es sei denn durch einen Boten, der von dort ausgeschickt wurde. Dem Menschengeiste also wird der Heilige Gral immer und ewig ein Mysterium bleiben müssen.
Der Mensch bleibe bei dem, was er geistig zu erfassen vermag, und suche vor allen Dingen das zu erfüllen und bis zu den edelsten Blüten zu bringen, was in seinen Kräften liegt Leider aber greift er nur zu gern in seinem Verlangen immer weit darüber hinaus, ohne sein eigentliches Können zu ent-
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wickeln, wodurch er eine Nachlässigkeit begeht, die ihn nicht einmal das erreichen läßt, was er vermöchte, während er das Gewünschte sowieso niemals erreichen kann. Er bringt sich damit um das Schönste und das Höchste seines eigentlichen Seins, er erreicht nur ein vollkommenes Versagen der Erfüllung seines Daseinszweckes.
Der Parsifal ist eine große Verheißung. Die Mängel und Irrtümer, die die Dichter der Legenden durch ihr allzu irdisches Denken hinzugefügt haben, entstellen das eigentliche Wesen dieser Figur. Parsifal soll eins sein mit dem Menschensohne, dessen Kommen der Gottessohn selbst verkündete.*) Ein Gottesgesandter, wird er mit einer Binde vor den geistigen Augen durch die schwersten irdischen Mühsale gehen müssen, als Mensch unter Menschen. Nach einer bestimmten Zeit von dieser Binde befreit, muß er seinen Ausgangspunkt und damit sich selbst wieder erkennen, sowie auch seine Mission klar vor sich sehen. Diese Mission wird ebenfalls eine Erlösung der ernsthaft suchenden Menschheit bringen, verbunden mit scharfem Gericht. Dafür kann aber nicht irgend ein Mensch angenommen werden, noch viel weniger will darin das mögliche Erleben zahlreicher oder gar aller Menschen erkannt sein; sondern es wird nur ein ganz Bestimmter, Auserlesener, besonders Gesandter diese Möglichkeiten in sich tragen.
In der unverrückbaren Gesetzlichkeit alles göttlichen Willens ist es nicht anders möglich, als daß ein jedes nach dem Entwicklungslaufe in seiner höchsten Vollendung wieder zu dem Ausgangspunkt seines ursprünglichen Wesens zurückkehren kann, niemals aber darüber hinaus. So auch der Menschengeist. Er hat seinen Ursprung als Geistsamenkorn aus dem Geistig-Wesenhaften, wohin er nach seinem Laufe durch die Stofflichkeit bei höchster Vollendung und gewonnener lebendigen Reinheit als bewußter Geist in wesenhafter Form zurückkehren kann. Sein Weg vermag ihn dort im günstigsten Falle bis in den Vorhof der Gralsburg zu führen, die als Höchstes in dem Geistig-Wesenhaften steht und in diesem die Pforte bildet zu
*) Vortrag: „Gottessohn und Menschensohn“.
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den Stufen des Thrones, auf dem der Ursprung alles Seins, Gottvater, in seinem Göttlich-Wesenlosen zeitweise den Mantel des Göttlich-Wesenhaften um sich schlägt, also Form annimmt. Kein Geistig-Wesenhafter, sei er auch noch so hoch und rein und strahlend, vermag die Grenze zu dem Göttlichen zu überschreiten. Die Grenze und die Möglichkeit des überschreitens liegt auch hier, wie in den Sphären oder Ebenen der stofflichen Schöpfung, einfach in der Natur der Sache, in der Verschiedenheit der Art.
Als Oberstes und Höchstes ist Gott selbst in seiner Göttlich-Wesenlosigkeit. Dann kommt als Nächstes etwas tiefer das Geistig-Wesenhafte. Beides ist ewig. Diesem schließt sich dann erst tiefer und tiefer gehend das stoffliche Schöpfungswerk an, mit der gasigen Feinstofflichkeit beginnend, in abwärtssteigenden Ebenen oder Sphären dichter und dichter werdend, bis zur endlichen den Menschen sichtbar werdenden Grobstofflichkeit. Das Feinstoffliche in der stofflichen Schöpfung ist das von den Menschen genannte Jenseits. Also das Jenseits ihres irdischen, grobstofflichen Sehvermögens. Beides aber gehört zum Schöpfungswerke, ist in seiner Form nicht ewig, sondern der Veränderung zum Zwecke der Erneuerung und Erfrischung unterworfen.
Am höchsten Ausgangspunkte des ewigen Geistig-Wesen-haften nun steht die Gralsburg, geistig sichtbar, greifbar, weil noch von der gleichen geistig-wesenhaften Art. Diese Gralsburg birgt einen Raum, der wiederum an der äußersten Grenze nachdem Göttlichen zu liegt, also noch ätherisierter ist als alles andere Geistig-Wesenhafte. In diesem Raume befindet sich als Unterpfand der ewigen Güte Gottvaters und als Symbol seiner reinsten göttlichen Liebe, sowie als direkter Ausgangspunkt göttlicher Kraft: der Heilige Gral!
Er ist eine Schale, in der es ununterbrochen wallt und wogt wie rotes Blut, ohne je überzufließen. Vom lichtesten Lichte umstrahlt, ist es nur den Reinsten aller Geistig-Wesenhaften vergönnt, in dieses Licht schauen zu können. Das sind die Hüter des Heiligen Grales! Wenn es in den Dichtungen heißt,
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der Menschen Reinste sind dazu bestimmt, Hüter des Grals zu werden, so ist dies ein Punkt, den der begnadeter Dichter allzusehr verirdischt hat, weil er sich nicht anders auszudrücken vermochte. Kein Menschengeist kann diesen geheiligten Raum betreten. Auch in seiner vollendetsten geistigen Wesenhaftigkeit nach seiner Rückkehr von dem Laufe durch die Stofflichkeit ist er doch nicht ätherisiert genug, um die Schwelle, also die Grenze zu diesem Raume zu überschreiten. Er ist auch in seiner höchsten Vollendung in der Wesenhaftigkeit noch zu dicht dazu. Eine weitere Ätherisierung für ihn aber müßte gleichbedeutend mit völliger Zersetzung oder Verbrennung sein, da seine Art vom Ursprung aus sich nicht dazu eignet, noch strahlender und lichter, also noch ätherisierter zu werden. Sie erträgt es nicht.
Die Hüter des Grales sind Ewige, Reingeistige, die niemals Menschen waren, die Spitzen alles Geistig-Wesenhaften. Sie bedürfen aber der göttlich-wesenlosen Kraft, sind abhängig von ihr, wie alles abhängig ist von dem Göttlich-Wesenlosen, dem Ursprung aller Kraft, Gottvater.
Von Zeit zu Zeit erscheint nun an dem Tag der Heiligen Taube die Taube über dem Gefäß als erneutes Zeichen der unwandelbaren göttlichen Liebe des Vaters. Es ist die Stunde der Verbindung, die Krafterneuerung bringt. Die Hütter des Grales empfangen sie in demutvoller Andacht und vermögen dann diese erhaltene Wunderkraft weiterzugeben.
Daran hängt das Bestehen der ganzen Schöpfung! 

Es ist der Augenblick, in dem im Tempel des Heiligen Grales des Schöpfers Liebe strahlend sich ergießt zu neuem Sein, zu neuem Schaffensdrange, der pulsschlagartig abwärts durch das ganze Weltall sich verteilt. Ein Beben geht dabei durch alle Sphären, ein heiliges Erschauern ahnungsvoller Freude, großen Glückes. Nur der Geist der Erdenmenschen steht noch abseits, ohne zu empfinden, was gerade ihm dabei geschieht, welch unermeßliches Geschenk er stumpfsinnig entgegennimmt, weil seine Selbsteinengung im Verstande das Erfassen einer derartigen Große nicht mehr zuläßt.
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Es ist der Augenblick der Lebenszufuhr für die ganze
Schöpfung! 


Die stete, notwendige Wiederkehr einer Bestätigung des Bundes, den der Schöpfer seinem Werke gegenüber hält. Würde diese Zufuhr einmal abgeschnitten, bliebe sie aus, so müßtte alles Seiende langsam vertrocknen, altern und zerfallen. Es käme dann das Ende aller Tage, und nur Gott selbst verblieb, wie es im Anfang war! Weil er allein das Leben ist.
Dieser Vorgang ist in der Legende wiedergegeben. Es ist sogar angedeutet, wie alles altern und vergehen muß, wenn der Tag der Heiligen Taube, die „Enthüllung“ des Grales, nicht wiederkehrt, in dem Altwerden der Gralsritter, während der Zeit, in der Amfortas den Gral nicht mehr enthüllt, bis zu der Stunde, in der Parsifal als Gralskönig auftritt.
Der Mensch sollte davon abkommen, den Heiligen Gral nur als etwas Unfaßbares zu betrachten; denn er besteht wirklich! Es ist aber dem Menschengeiste durch dessen Beschaffenheit versagt, ihn jemals erschauen zu können. Den Segen jedoch, der von ihm ausströmt, und der von den Hütern des Grales weitergegeben werden kann und auch weitergegeben wird, können die Menschengeister empfangen und genießen. In diesem Sinne sind einige Auslegungen nicht gerade falsch zu nennen, sobald sie in ihren Deutungen den Heiligen Gral selbst nicht mit hineinzuziehen versuchen. Sie sind richtig und doch auch wieder nicht.
Das Erscheinen der Taube an dem bestimmten Tage der Heiligen Taube zeigt die jedesmalige Sendung des Heiligen Geistes an; denn diese Taube steht in engem Zusammenhange mit ihm. Doch das ist etwas, das der Menschengeist nur bildlich zu erfassen fähig ist, weil er aus der Natur der Sache heraus bei höchster Entwicklung in Wirklichkeit nur bis dahin zu denken, zu wissen und zu empfinden vermag, woher er selbst kam, also bis zu der Art, die eins mit seiner reinsten Beschafhenheit des Ursprungs ist. Das ist das ewige Reingeistig-Wesen-hafte. Diese Grenze wird er auch im Denken niemals überschreiten können. Anders vermag er auch nie zu erfassen.
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Das ist so selbstverständlich, logisch und einfäch, daß dem Gedankengange jeder Mensch zu folgen vermag.
Was aber darüber ist, wird und muß der Menschheit aus diesem Grunde immer ein Mysterium sein und bleiben!
Jeder Mensch lebt deshalb in einem irrenden Wahne, so er sich einbildet, Gott in sich zu tragen, oder selbst göttlich zu sein, oder dies werden zu können. Er trägt Rein-Geistiges in sich, aber nicht Göttliches. Und darin ruht ein unüberbrückbarer Unterschied. Er ist ein Geschöpf, nicht ein Teil des Schöpfers, wie sich so mancher einzureden versucht. Der Mensch ist und bleibt ein Werk, wird niemals Meister werden können.
Es ist deshalb auch unrichtig, wenn erklärt wird, daß der Menschengeist von Gottvater selbst ausgeht und zu ihm zurück-kehrt. Der Ursprung des Menschen ist das Geistig-Wesenhafte, nicht das Göttlich-Wesenlose. Er kann deshalb auch bei erreichter Vollkommenheit nur bis zum Geistig-Wesenhaften zurückkehren. Richtig gesagt ist, daß der Menschengeist aus dem Reiche Gottes stammt und deshalb auch, wenn er vollkommen wird, wieder in das Reich Gottes zurückzukehren vermag, nicht aber zu ihm selbst. Das Reich Gottes ist das Reiggeistig-Wesen-hafte.
Der Mittler zwischen dem Göttlich-Wesenlosen und dem Reingeistig-Wesenhaften ist der Gottessohn geworden. Er tritt aus dem Göttlich-Wesenlosen hinüber in das Geistig-Wesenhafte, wie er einst auch in das Stoffliche gekommen ist. Das Kommen des Menschensohnes bringt die Vollendung der hohen göttlichen Mission des Gottessohnes. Nach der Erfüllung wird der Gottessohn wieder ganz zurückkehren in das Göttlich-Wesenlose, während der Menschensohn das Amt des Mittlers an seiner Stelle übernimmt, und so zum Führer der Hüter des Heiligen Grals wird, zum Gralskönig, der das Heilige Gefäß betreut.
Der Menschensohn wird für den Menschengeist dann das A und das O sein, weil er den Anfang und das Ende gibt für das Fassungsvermögen des menschlichen Geistes; denn er vermag über die Grenze zum Göttlich-Wesenlosen zu gehen, und somit alles zu überschauen.
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Das Geheimnis Lucifer

Ein grauer Schleier ruht über allem, das im Zusammenhange mit Lucifer steht. Es ist, als ob alles zurückschreckt, den Zipfel dieses Schleiers zu lüften. Das Zurückschrecken ist in Wirklichkeit nur das Unvermögen, einzudringen in das Reich des Dunkels. Das Nichtkönnen aber liegt wiederum ganz einfach in der Natur der Sache, weil auch hier der Menschengeist nicht so weit einzudringen vermag, sondern ihm in seiner Beschaffenheit eine Grenze gesetzt ist. Ebensowenig wie er bis zur höchsten Höhe gehen kann, so vermag er auch nicht bis zur tiefsten Tiefe zu dringen, wird es auch nie vermögen.
So schuf die Phantasie Ersatz für das Fehlende, Wesen in mancherlei Gestalt. Man spricht vom Teufel in den abenteuerlichsten Formen, von dem gefallenen und ausgestoßenen Erzengel, von der Verkörperung des bösen Prinzips, und was sonst noch mehr ist. Von dem eigentlichen Wesen Lucifers versteht man nichts, trotzdem der Menschengeist von ihm getroffen und dadurch oft mitten hineingewirbelt wird in einen gewaltigen Zwiespalt, den man mit Kampf bezeichnen kann.
Diejenigen, die von einem gefallenen Erzengel sprechen, und auch die, die von der Verkörperung des bösen Prinzips reden,kommen der Tatsache am nächsten. Nur ist auch hierbei eine falsche Einstellung, die allem ein unrichtiges Bild verleiht. Eine Verkörperung des bösen Prinzips läßt den höchsten Gipfel, das Endziel, das Lebendiger-Körper-Gewordene alles Bösen denken, also die Krönung, den vollkommenen Schluß.
Lucifer aber ist umgekehrt der Ursprung des falschen Prinzips, der Ausgangspunkt und die treibende Kraft. Man sollte es auch nicht das böse Prinzip nennen, das er bewirkt, sondern das falsche Prinzip. Falsch als den Begriff unrichtig genommen, nicht unrecht. Das Wirkungsgebiet dieses unrichtigen Prinzips ist die stoffliche Schöpfung. In der Stofflichkeit allein treffen die Wirkungen des Lichten und die Wirkungen des Dunkeln,
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also die beiden entgegengesetzten Prinzipien zusammen, und wirken darin dauernd auf die Menschenseele ein, während diese die Stofflichkeit zu ihrer Entwicklung durchläuft. Welchem sich nun die Menschenseele nach eigenem Wunsche mehr hingibt, ist ausschlaggebend für ihr Emporsteigen zum Licht oder Abwärtsstreben zum Dunkel.
Die Kluft ist gewaltig, die zwischen dem Licht und dem Dunkel liegt. Sie wird ausgefüllt von dem Schöpfungswerke der Stofflichkeit, die der Vergänglichkeit der Formen, also der Zersetzung der jeweiligen bestehenden Formen und Wiederneubildung unterworfen ist.
Da ein Kreislauf nach den Gesetzen, die der Wille Gottvaters in die Schöpfung legt, nur dann als vollendet und erfüllt gelten kann, wenn er an seinem Ende zu dem Ursprung zurückkehrt, so kann auch der Lauf eines Menschengeistes nur dann als erfüllt angesehen werden, wenn er in das Geistig-Wesenhafte zurückkehrt, das dem Urlichte am nächsten steht, weil sein Samenkorn von diesem Geistig-Wesenhaften ausgegangen ist. Läßt er sich abtreiben, dem Dunkel zu, so läuft er Gefahr, über den äußersten Kreis seines normalen Laufes nach der Tiefe zu hinausgezogen zu werden und sich dann nicht mehr zurück-zufinden zum Aufstiege. Er vermag aber auch nicht, aus dem dichtesten und tiefsten feinstofflichen Dunkel mich tiefer über dessen äußerste Grenze hinauszutreten aus der Stofflichkeit, wie er es nach oben zu in das Reich des Geistig-Wesenhaften tun könnte, weil dies sein Ausgangspunkt ist, und wird deshalb in dem gewaltigen Kreislaufe der stofflichen Schöpfung dauernd mit fortgezogen, bis zuletzt mit in die Zersetzung hinein, weil ihn sein feinstofflich-dunkles, deshalb dichtes und schweres Gewand, oder auch jenseitiger Körper genannt, niederhält. Die Zersetzung löst dann seine in dem Laufe durch die Schöpfung gewonnene geistige Persönlichkeit als solche mit auf, so daß er den geistigen Tod erleidet und in geistigen Ursamen zerstäubt wird.
Lucifer selbst steht außerhalb der stofflichen Schöpfung, wird also nicht mit in die Zersetzung hineingerissen, wie es
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den Opfern seines Prinzips ergeht; denn Lucifer ist ewig. Er stammt aus einem Teile des Göttlich-Wesenhaften. Der Zwiespalt setzte nach dem Beginn der Entstehung alles Stofflichen ein. Ausgesandt, das Geistig-Wesenhafte in dem Stofflichen zu stützen und in der Entwicklung zu fördern, erfüllte er diesen seinen Auftrag nicht im Sinne des schöpferischen Willens Gottvaters, sondern er wählte andere als die ihm durch diesen Schöpfungswillen vorgezeichneten Wege, aus einem Besserwissenwollen heraus, das ihm bei seinem Wirken in der Stofflichkeit kam.
Die ihm gegebene Kraft mißbrauchend, führte er das Prinzip der Versuchungen ein, an Stelle des Prinzips stützender Hilfe, die gleichbedeutend mit dienender Liebe ist. Dienende Liebe im göttlichen Sinne gemeint, die nichts gemein hat mit sklavischem Dienen, sondern lediglich den geistigen Aufstieg und somit des Nächsten ewiges Glück ins Auge faßt und dementsprechend handelt.
Das Prinzip der Versuchung aber ist gleichbedeutend mit dem Legen von Fallstricken, durch die nicht genügend in sich gefestigte Kreaturen schnell straucheln, stürzen und verloren gehen, während andere wieder allerdings dabei erstarken in Wachsamkeit und Kraft, um dann machtvoll emporzublühen zu geistigen Höhen. Alles Schwächliche ist aber von vornherein der Vernichtung rettungslos preisgegeben. Das Prinzip kennt keine Güte, kein Erbarmen; es ermangelt der Liebe Gottvaters, damit aber auch der gewaltigsten Auftriebkraft und der stärksten Stütze, die es gibt.
Die in der Bibel geschilderte Versuchung im Paradiese zeigt die Wirkung von dem Einsetzen des Lucifer-Prinzips, indem sie bildlich darstellt, wie es durch Versuchung die Stärke oder Standhaftigkeit des Menschenpaares zu prüfen sucht, um dieses bei dem geringsten Schwanken sofort erbarmungslos in den Weg der Vernichtung zu stoßen.
Standhaftigkeit würde gleichbedeutend gewesen sein mit freudiger Einstellung in den göttlichen Willen, der in den ein-fachen Natur oder Schöpfungsgesetzen liegt. Und dieser Wille,
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das göttliche Gebot, war dein Menschenpaare gut bekannt. Nichtwankendwerden wäre gleichzeitig eine Anerkennung und Befolgung dieser Gesetze gewesen, wodurch der Mensch sich diese erst richtig und unbeschränkt nutzbar machen kann und so zum eigentlichen „Herrn der Schöpfung“ wird, weil er „mit ihnen geht“. Alle Kräfte werden ihm dann dienstbar, wenn er sich nicht entgegenstellt, und arbeiten selbsttätig zu seinen Gunsten. Darin liegt dann die Erfüllung der Gebote des Schöpfers, die weiter nichts wollen, als die ungetrübte und ungehemmte Aufrechterhaltung und Pflege aller Entwicklungsmöglichkeiten, die in seinem herrlichen Werke liegen. Diese einfache Beachtung ist weitergreifend wieder ein bewußtes Mitwirken an der gesunden Fortentwicklung der Schöpfung oder der stofflichen Welt.
Wer das nicht tut, ist ein Hemmnis, das sich entweder in rechte Form schleifen lassen muß oder zwischen dem Räderwerk des Weltgetriebes, also den Schöpfungsgesetzen, der Zermalmung anheim fällt. Wer sich nicht biegen will, muß brechen, da kein Stocken entstehen kann.
Lucifer will nicht in Güte das allmähliche Reifen und Erstarken abwarten, will nicht, wie er sollte, ein liebender Gärtner sein, der die ihm anvertrauten Pflanzen hütet, stützt und pflegt, sondern mit ihm wurde buchstäblich „der Bock zum Gärtner“. Er geht auf die Vernichtung alles Schwachen aus und arbeitet in dieser Weise schonungslos.
Dabei verachtet er die Opfer, die seinen Versuchungen und Fallstricken erliegen, und will, daß sie in ihrer Schwäche zugrunde gehen sollen.
Er hat auch Ekel vor der Niedrigkeit und der Gemeinheit, die diese gefallenen Opfer in die Auswirkungen seines Prinzips legen; denn nur die Menschen machen diese zu der ekelhaften Verworfenheit, in der sie sich präsentieren, und damit fachen sie Lucifer nur um so mehr dazu an, in ihnen Geschöpfe zu sehen, welche lediglich Vernichtung verdienen, nicht Liebe und Pflege.
Und zur Durchführung dieser Vernichtung trägt nicht wenig
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das sich dem Prinzip der Versuchung als natürliche Folge anschließende Prinzip des Sichauslebens bei. Das Sichausleben vollzieht sich in den niederen Regionen des Dunkels, wird aber bei sogenannter Psycho-Analyse von verschiedenen Ausüben-den bereits irdisch aufgenommen in der Annahme, daß auch auf Erden das Sichausleben reift und befreit.
Doch welches entsetzliche Elend muß die Ausübung dieses Prinzips auf Erden herbeiführen! Welches Unheil muß sie anrichten, weil auf der Erde nicht wie in den Regionen des Dunkels nur Gleichartiges beisammen ist, sondern noch Dunkleres wie Helleres neben- und miteinander lebt. Man denke dabei nur an das Sexualleben und ähnliches. Wenn ein solches Prinzip in der Praxis auf die Menschheit losgelassen wird, muß es am Ende nur ein Sodom und Gomorra geben, aus dem es kein; Hinausgleiten gibt, sondern wo nur Schrecken größter Art ein Ende bringen kann.
Ganz abgesehen aber davon sieht man heute schon zahlreiche Opfer ähnlicher Therapie haltlos umherirren, deren geringes Selbstbewußtsein, überhaupt alles persönliche Denken, noch ganz zerpflückt und vernichtet wurde dort, wo sie vertrauensvoll Hilfe erwartet hatten. Sie stehen da wie Menschen, denen systematisch alle Kleider vom Körper gerissen wurden, damit sie dann gezwungen sind, die ihnen gereichten neuen Kleider anzulegen. Die also Entblößten vermögen jedoch in den meisten Fällen leider nicht mehr einzusehen, warum sie noch neue Kleider anlegen sollen. Durch das planmäßige Eindringen in ihre persönlichsten Dinge und Rechte verloren sie mit der Zeit auch die das persönliche Selbstbewußtsein erhaltende Schamempfindung, ohne die es nichts Persönliches geben kann, die einen Teil des Persönlichen selbst ausmacht.
Auf so zerwühltem Boden läßt sich dann kein neuer, fester Bau errichten. Unselbständig bleiben diese Menschen mit wenigen Ausnahmen, was sich bis zu zeitweiser Hilflosigkeit steigert, da ihnen auch, der wenige Halt genommen wurde, den sie vorher noch hatten.
Die beiden Prinzipien des Sichauslebens und der Versuchung
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sind so eng zusammen verbunden, daß dem Sichausleben unbedingt die Versuchung vorausgesetzt werden muß. Es ist also die regelrechte Befolgung und Verbreitung des Lucifer-Prinzips.
Für den wahren Seelenarzt ist kein Niederreißen nötig. Dieser heilt zuerst und baut dann weiter auf. Das wahre Prinzip gibt Umstellung falschen Verlangens durch geistige Erkenntnis!
Die Anwendung dieses liebelosen Prinzips aber mußte Lucifer selbstverständlich aus der Natur der Sache heraus immer mehr von dem liebenden Willen des allmächtigen Schöpfers
trennen, was die eigene Abschneidung oder Ausstoßung aus dem Lichte brachte und damit den immer tieferen Sturz Lucifers. Ein Sich-selbst-vom-Licht-getrennt-habender ist Lucifer,
was gleichbedeutend ist mit einem Ausgestoßenen.
Die Abstoßung mußte ebenfalls nach den bestehenden Urgesetzen, dem unumstößlichen, heiligen Willen Gottvaters erfolgen, weil ein anderes Geschehen nicht möglich ist.
Da nun allein der Wille Gottvaters, des Schöpfers aller Dinge, allmächtig ist, der auch in der stofflichen Schöpfung und deren Entwicklung festwurzelt, vermag Lucifer wohl sein Prinzip in die Stofflichkeit hineinzusenden, die Auswirkungen aber wer-den sich immer nur in den von Gottvater festgelegten Urge-setzen bewegen können, und müssen sich in deren Richtung formen.
So kann Lucifer durch die Verfolgung seines unrichtigen Prinzips wohl einen Anstoß geben zu für die Menschheit gefährlichen Wegen, er vermag aber nicht, die Menschen zu irgend etwas gewaltsam zu zwingen, sobald sich diese nicht selbst freiwillig dazu entschließen.
Lucifer kann tatsächlich nur locken. Der Mensch als solcher steht aber fester als er in der stofflichen Schöpfung, demnach auch viel sicherer und kraftvoller, als ihn der Einfluß Lucifers je treffen kann. Ein jeder Mensch ist dadurch so geschützt, daß es eine zehnfache Schmach für ihn ist, wenn er sich von dieser im Vergleich zu ihm schwächeren Kraft locken läßt. Er soll bedenken, daß Lucifer selbst außerhalb der Stofflichkeit steht,

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während er mit festen Füßen in ihm voll vertrautem Grund und Boden wurzelt. Lucifer ist gezwungen, zu seinen Prinzips-Anwendungen nur seine Hilfstruppen zu benutzen, die sich aus in den Versuchungen gefallenen Menschengeistern zusammenstellen.
Diesen aber ist wiederum jeder nach oben strebende Menschengeist nicht nur vollkommen gewachsen, sondern an Stärkeweit überlegen. Ein einziger ernster Willensakt genügt, um ein Heer davon spurlos verschwinden zu lassen. Vorausgesetzt, daß diese mit ihren Lockungen keinerlei Widerhall oder Anklang finden, an den sie sich klammern können.
Lucifer würde überhaupt machtlos sein, wenn die Menschheit sich bemühte, die von dem Schöpfer eingelegten Urgesetze zu erkennen und zu befolgen. Die Menschen stützen aber leider sein Prinzip durch ihre jetzige Art immer mehr und werden deshalb auch zum größten Teile untergehen müssen.
Es ist unmöglich, daß irgendein Menschengeist mit Lucifer selbst einen Kampf ausfechten kann, aus dem einfachen Grunde, weil er nicht bis zu diesem vorzudringen vermag, infolge der verschiedenen Wesensart Der Menschengeist kann immer nur mit den durch das falsche Prinzip Gefallenen in Berührung kommen, die im Grunde seine Wesensart haben.
Der Ursprung Lucifers bedingt, daß ihm nur der persönlich nahen und entgegentreten kann, der aus dem gleichen Ursprung ist; denn nur. ein solcher vermag bis zu ihm vorzudringen. Es muß ein Gottgesandter sein, kommend und erfüllt vorn Göttlich-Wesenlosen, gewappnet mit dem heiligen Ernste seiner Mission, und vertrauend auf den Ursprung aller Kraft, auf Gottvater selbst.
Diese Aufgabe ist dem angekündigten Menschensohne zugeteilt.
Persönlich ist der Kampf, von Angesicht zu Angesicht, nicht nur symbolisch in der Allgemeinheit, wie es viele Forscher aus Verheißungen entnehmen wollen. Es ist die Erfüllung der Verheißung im Parsifal. Den „Heiligen Speer“, die Macht hatte Lucifer falsch angewendet, und dem Geistig-Wesenhaften da-
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mit in der Menschheit als dessen Funken und Ausläufer durch sein Prinzip eine schmerzende Wunde geschlagen. Er wird ihm in dem Kampfe genommen. Dann in der „richtigen Hand“ also bei Durchführung des echten Gralsprinzips der reinen strengen Liebe, heilt er die vorher durch ihn in unrechter Hand, also falscher Anwendung, geschlagene Wunde.
Durch das Lucifer-Prinzip, also durch die falsche Anwendung göttlicher Macht, gleichbedeutend mit dem „Heiligen Speer“ in unrechter Hand, wird dem Geistig-Wesenhaften eine Wunde geschlagen, die sich nicht schließen kann! Das ist mit diesem Gedanken in der Legende in treffender Form bildhaft wiedergegeben; denn der Vorgang gleicht wirklich einer offenen, sich nicht schließenden Wunde.
Man überlege, daß die Menschengeister als unbewußte Geistsamenkörner oder Funken aus dem niedersten Rande des Geistig-Wesenhaften in die Schöpfung der Stofflichkeit abfließen oder überspringen, in der Erwartung, daß diese ausfließenden Teile nach ihrem Laufe durch die Stofflichkeit zum persönlichen Bewußtsein erwacht und entwickelt wieder in Vollendung des Kreislaufes in das Geistig-Wesenhafte zurückkehren. Ähnlich dem Kreislaufe des Blutes in dem grobstofflichen Körper! Das Lucifer-Prinzip jedoch lenkt nun einen großen Teil dieses geistigen Kreislaufstromes ab, wodurch viel des Geistig-Wesenhaften verloren geht. Dadurch kann der notwendige Kreislauf nicht geschlossen werden, und es wirkt sich aus wie das dauernde schwächende Abfließen einer offenen Wunde.
Kommt aber nun der „Heilige Speer“, also die göttliche Macht, in die richtige Hand, die in dem Willen des Schöpfers steht und dem durch die Stofflichkeit als belebenden Faktor wandernden Geistig-Wesenhaften den rechten Weg weist, der es aufwärts führt zu seinem Ausgangspunkte, in das lichte Reich Gottvaters, so geht es nicht mehr verloren, sondern fließt damit zurück in seinen Ursprung wie das Blut zum Herzen, wodurch die im Geistig-Wesenhaften bisher schwächend abfließende Wunde geschlossen wird. Somit kann die Heilung nur durch den gleichen Speer erfolgen, der diese Wunde schlug.
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Dazu muß aber vorher der Speer Lucifer entwunden und in die richtige Hand kommen, was sich in dem persönlichen Kampfe des Menschensohnes mit Lucifer vollzieht!
Die sich dann noch anschließenden, in das Stoffliche und Grobstoffliche hineinziehenden Kämpfe sind nur Nachwirkungen dieses einen großen Kampfes, der die verheißene Fesselung Lucifers bringen muß, die den Beginn des tausendjährigen Reiches kündet. Sie bedeuten die Ausrottung der Folgen des Lucifer-Prinzips.
Dieses richtet sich gegen das Walten göttlicher Liebe, deren Segnungen den Menschen in ihrem Laufe durch die Stofflichkeit zu teil werden. Würde nun die Menschheit einfach dieser göttlichen Liebe nachstreben, so wäre sie sofort vollkommen gefeit vor jeglichen Versuchungen Lucifers, und er würde aller seiner Schrecken entkleidet sein, die der Menschengeist um ihn webt.
Der bunten Phantasie der Menschenhirne sind auch die ungeheuerlichen, häßlichen Gestalten entsprungen, die man irrtümlich Lucifer zu geben sich bemüht In Wirklichkeit vermochte ihn auch aus dem einfachen Grunde der verschiedenen Wesensart heraus noch keines Menschen Auge zu erschauen, auch nicht das geistige Auge, das die Feinstofflichkeit des Jenseits oft schon während des Erdenlebens zu erkennen fähig ist.
Lucifer ist im Gegenteil zu allen Anschauungen stolz und schön zu nennen, überirdisch schön, von düsterer Majestät mit klaren, großen, blauen Augen, die aber von dem eisigen Ausdrucke fehlender Liebe zeugen. Er ist nicht nur ein Begriff, wie man ihn gewöhnlich nach vergeblichen anderen Deutungen hinzustellen versucht, sondern er ist persönlich.
Die Menschheit soll begreifen lernen, daß auch ihr durch ihre eigene Wesenheit eine Grenze gesetzt ist, die sie niemals überschreiten kann, natürlich auch im Denken nicht, und daß von jenseits dieser Grenze Botschaften nur auf dem Gnadenwege kommen können. Doch nicht durch Medien , die ihre Wesenheit auch nicht durch unirdische Zustände verändern können, ebensowenig durch die Wissenschaft. Gerade diese hat ja
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durch Chemie Gelegenheit zu finden, daß Verschiedenheit der Art unüberwindliche Grenzen bilden kann. Diese Gesetze aber gehen von dem Ursprunge aus, sind nicht nur in dem Werk der Schöpfung erst zu finden.
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Die Regionen des Dunkels und die Verdammnis

Wenn man Bilder sieht, die das Leben in der sogenannten Hölle wiedergeben sollen, so geht man achselzuckend darüber hinweg mit halb ironischem, halb mitleidsvollem Lächeln, und dem Gedanken, daß nur eine angekränkelte Phantasie oder eine fanatische Blindgläubigkeit Szenen solcher Art erdenken können. Selten wird es jemand geben, der auch nur das kleinste Wahrheitskörnchen darin sucht. Und doch kann wohl die grauenvollste Phantasie kaum annähernd ein Bild zusammenstellen, das den Qualen des Lebens in den dunklen Regionen dem Ausdrucke nach nahekommt. Arme Verblendete, die wähnen, mit einem spöttischen Achselzucken leichtsinnig darüber hinweggehen zu können! Der Augenblick kommt, wo Leichtsinn sich bitter rächt mit dem erschütternden Eintreten der Wahrheit. Da hilft kein Sträuben, kein Sichabwenden, sie werden hineingezogen in den Strudel, der ihrer wartet, wenn sie nicht rechtzeitig diese Überzeugung eines Nichtwissens abwerfen, die immer nur die Hohlheit und die Beschränktheit eines solchen Menschen kennzeichnet.
Kaum ist die Loslösung des feinstofflichen Körpers von dem grobstofflichen Körper erfolgt*), so finden sie schon die erste große Überraschung in dem Erlebnis, daß das bewußte Sein und Leben damit noch nicht beendet ist. Die erste Folge ist Verwirrung, dem sich ungeahnte Bangigkeit anschließt, die oft in dumpfe Ergebung oder angstvollste Verzweiflung übergeht! Vergebens ist dann das Sichsträuben, vergebens alles Klagen, vergebens aber auch das Bitten; denn sie müssen ernten, was sie in dem Erdenleben säeten.
Verlachten sie das Wort, das ihnen von Gott gebracht wurde, welches auf das Leben nach dem irdischen Tode und die damit verbundene Verantwortung eines jeden intensiven Denkens
*) Vortrag: „Der Tod“
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und Handelns hinweist, so ist das mindeste, was sie erwartet, das, was sie wollten: tiefe Dunkelheit! Ihre feinstofflichen Augen, Ohren und Münder sind verschlossen durch das eigene Wollen. Sie sind taub, blind und stumm in ihrer neuen Umgebung. Das ist das Günstigste, was ihnen geschehen kann. Ein jenseitiger Führer und Helfer kann sich ihnen nicht verständlich machen, weil sie sich selbst davor verschlossen halten. Ein trauriger Zustand, dem nur das langsame innere Reifen des Betreffenden selbst, das durch die sich steigernde Verzweiflung führt, eine allmähliche Änderung bringen kann. Mit der wachsenden Sehnsucht nach Licht, die wie ein ununterbrochener Hilferuf aus solchen gedrückten und gequälten Seelen steigt, wird es dann endlich nach und nach heller um ihn, bis er auch andere sehen lernt, die gleich ihm der Hilfe bedürfen. Hat er nun das Bestreben, diese noch in tieferer Finsternis Harrenden zu unterstützen, damit es auch bei denen heller werden kann, so erstarkt er in dieser Tätigkeit des Versuches zum Helfen durch die dazu erforderliche Anstrengung immer mehr, bis ein anderer zu ihm treten kann, der schon weiter vorgeschritten ist, um auch ihm weiter zu helfen, den lichteren Regionen entgegen.
So hocken sie trübselig herum, da ihre feinstofflichen Körper durch das Nichtwollen auch zu kraftlos sind, zu gehen Ein mühseliges, unsicheres Am-Boden-kriechen bleibt es daher, wenn es einmal zu einer Bewegung kommt. Andere wieder tappen wohl in diesem Dunkel herum, straucheln, stürzen, raffen sich immer wieder auf, um bald hier, bald da anzuecken, wobei schmerzende Wunden nicht ausbleiben; denn da eine Menschenseele immer nur durch die Art ihrer eigenen Dunkelheit, die Hand in Hand geht mit der mehr oder weniger starken Dichtheit, die wiederum ein entsprechendes Schwergewicht nach sich zieht, in die Region sinkt, die ihrer feinstofflichen Schwerkraft genau entspricht, also von gleicher Art der Feinstofflichkeit ist, so wird ihre neue Umgebung für sie ebenso greifbar, fühlbar und undurchdringlich , wie es einem grobstofflichen Körper in grobstofflicher Umgebung ergeht. Jeden Stoß, jeden
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Sturz, oder jede Verletzung fühlt sie deshalb dort schmerzlich, als es ihr grobstofflicher Körper während der Erdenlaufbahn auf der grobstofflichen Erde empfand.
So ist es in jeder Region, gleichviel welcher Tiefe oder Höhe sie angehört. Gleiche Stofflichkeit, gleiche Fühlbarkeit, gleiche gegenseitige Undurchdringlichkeit. Jede höhere Region jedoch der jede andere Stoffart kann durch die niedere, dichtere Stoffart ungehindert hindurch, wie jedes Feinstoffliche durch das anders geartete Grobstoffliche.
Anders nun mit solchen Seelen, die außerdem irgendein begangenes Unrecht abzulösen haben. Die Tatsache selbst ist eine Sache für sich. Sie kann gelöst werden in dem Augenblicke wo der Täter von dem betroffenen Teile volle, ehrlich gemeinte Verzeihung erlangt. Was eine Menschenseele aber schwerer bindet, das ist der Drang, oder der Hang, der die Triebfeder zu einer Tat oder mehreren Taten bildet. Dieser Hang lebt in der Menschenseele fort, auch nach dem Hinübergehen, nach der Loslösung vom grobstofflichen Körper. Er wird sogar im feinstofflichen Körper sofort noch stärker zur Geltung kommen, sobald die Einengung alles Grobstofflichen wegfällt, da dann die Empfindungen viel lebendiger und rückhaltloser wirken. Ein derartiger Hang ist es auch wiederum, der maßgebend für die Dichtheit und also Schwere des feinstofflichen Körpers wird. Das hat zur Folge, daß der feinstoffliche Körper nach Freiwerdung vom grobstofflichen Körper sofort in die Region sinkt, die genau seiner Schwere und demnach gleichen Dichtheit entspricht. Dort wird er demnach auch alle finden, die dem gleichen Hange huldigen. Durch deren Ausstrahlungen wird der seine noch genährt, gesteigert, und er wird dann in Ausübung dieses Hanges förmlich rasen. Ebenso natürlich auch die anderen mit ihm dort Befindlichen. Daß derartige, hemmungslose Auslobungen für die Umgebung eine Qual sein müssen, ist nicht schwer verständlich. Da dies aber in solchen Regionen immer nur auf Gegenseitigkeit beruht, so wird jeder einzelne unter den anderen bitter zu leiden haben, alles das, was er wiederum den anderen selbst dauernd zuzufügen sucht. So wird
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das Leben dort zur Hölle, bis eine derartige Menschenseele nach und nach ermattet und Ekel davor empfindet. Dann wird nach langer Dauer endlich allmählich der Wunsch erwachen, herauszukommen aus solcher Art. Der Wunsch und Ekel ist Beginn der Besserung. Er wird sich bis zum Hilfeschrei und zuletzt zum Gebet verstärken. Erst dann kann ihm die Hand zum Aufstiege geboten werden, was oft Jahrzehnte und Jahrhunderte, manchmal auch noch länger auf sich warten läßt. Der Hang in einer Menschenseele ist also das schwerer Bindende.
Daraus geht hervor, daß eine unbedachte Tat viel leichter und viel schneller abzulösen ist, als ein in einem Menschen ruhender Hang, gleichviel, ob dieser zu einer Tat geworden ist oder nicht!
Ein Mensch, der einen unsauberen Hang in sich trägt, ohne diesen je zu einer Tat werden zu lassen, weil ihm die irdischen Verhältnisse günstig sind, wird deshalb schwerer büßen müssen als ein Mensch, der unbedachter Weise durch irgendeine oder mehrere Taten gefehlt hat, ohne böse Absicht dabei gehabt zu haben. Die unbedachte Tat kann letzterem sofort verziehen sein, ohne übles Karma zu entwickeln, der Hang aber erst dann, wenn er vollkommen in dem Menschen ausgelöscht wurde. Und deren gibt es viele Arten. Sei es nun Habsucht und der ihr verwandte Geiz, sei es schmutzige Sinnlichkeit, Drang zu Diebstahl oder Mord, Brandstiftung oder auch nur zu Übervorteilung und zu leichtsinnigen Nachlässigkeiten, gleichviel, ein derartiger Hang wird den Betreffenden immer dorthin sinken lassen oder ziehen, wo seinesgleichen ist. Lebensbilder davon wiederzugeben, hat keinen Zweck. Sie sind oft so fürchterlicher Art, daß ein Menschengeist auf Erden kaum an derartige Wirklichkeiten glauben kann, ohne sie zu sehen Und auch dann würde er noch denken, es müßten nur Gebilde grenzenlos erhitzter Fieberphantasien sein. So mag er sich begnügen, sittliche Scheu vor allem derartigen zu empfinden, die ihn frei macht von den Banden alles Niederen, damit dem Aufstiege zum Lichte keine Hemmung mehr im Wege steht.
So sind die dunklen Regionen als Auswirkungen des Prin-
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zips, das Lucifer einzuführen sucht. Der ewige Kreislauf der Schöpfung rollt und kommt an den Punkt, an dem die Zersetzung beginnt, in der alles Stoffliche die Form verliert, um in. Ursamen zu verfallen, und damit im Weiterrollen neue Mischung, neue Formen bringt mit frischer Kraft und jungfräulichem Boden. Was sich bis dahin aus dem Grob- und Feinstofflichen noch nicht lösen konnte, um über die höchste, feinste und leichteste Grenze, alles Stoffliche zurücklassend, in das Geistig-Wesenhafte einzutreten, das wird unweigerlich in die Zersetzung mit hineingezogen, wodurch auch seine Form und das Persönliche an ihm vernichtet wird. Das ist dann erst die ewige Verdammnis, das Auslöschen alles bewußt Persönlichen!
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Die Regionen des Lichtes und das Paradies

Strahlendes Licht! Blendende Reinheit! Beseligende Leichtigkeit! Das alles spricht von selbst schon so viel, daß kaum noch Einzelheiten zu erwähnen nötig sind. Je weniger der feinstoffliche Körper, also der Mantel des menschlichen Geistes im Jenseits, mit irgendeinem Hange nach Niederem, mit irgendeinem Begehren nach grobstofflichen Dingen und Genüssen belastet ist, desto weniger zieht es ihn darnach, desto weniger dicht und dadurch auch desto weniger schwer wird sein feinstofflicher Körper sein, der sich seinem Wollen entsprechend bildet, und desto schneller wird er durch seine Leichtigkeit emporgehoben werden in die lichteren, der geringeren Dichtheit seines feinstofflichen Körpers entsprechenden Regionen.
Je undichter, also lockerer und feiner dieser feinstoffliche Körper durch seine Abgeklärtheit von niederen Begierden wird, desto heller und lichter muß er auch erscheinen, da dann der Kern des Geistig-Wesenhaften in der Menschenseele, der an sich durch seine Beschaffenheit strahlend ist, immer mehr von innen heraus den undichter werdenden feinstofflichen Körper durchscheint, während in den unteren Regionen dieser an sich strahlende Kern durch die größere Dichtheit und Schwere des feinstofflichen Körpers verhüllt und verdunkelt bleibt.
Auch in den Regionen des Lichtes wird eine jede Menschenseele je nach Beschaffenheit ihres feinstofflichen Körpers die Gleichart finden, also Gleichgesinnte. Da nur das wirklich Edle, das Gutwollende, nach oben zu streben fähig ist, frei von niederen Begierden, so wird er als seine Gleichart auch nur Edles antreffen. Daß der Bewohner einer solchen Region keine Qualen zu erleiden hat, sondern nur den Segen des von ihm gleichartig ausströmenden Edlen genießt, sich darin beseligt fühlt und wiederum selbst auch Freude in den anderen seinem eigenen Tun gegenüber erweckt und mitempfindet, ist ebenfalls leicht verständlich. Er kann sagen, daß er in den Gefilden
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der Seligen, sich also Beseligtfühlenden, wandelt. Angespornt davon, wird seine Freude an dein Reinen und Hohen immer stärker werden und ihn weiter und weiter emporheben. Sein feinstofflicher Körper wird durchdrungen von diesem Empfinden, feiner und immer weniger dicht werden, so daß das Leuchten des geistig-wesenhaften Kernes immer strahlender durchbricht, und zuletzt auch die letzten Stäubchen dieses feinstofflichen Körpers wie in Flammen aufgehend abfallen, wodurch dann der somit vollendete und bewußte, persönlich gewordene Menschengeist in vollkommen reingeistig-wesenhafter Art die Grenze in das Geistig-Wesenhafte überschreiten kann. Erst damit tritt er in das ewige Reich Gottvaters, in das unvergängliche Paradies.
So wenig ein Maler in einem Bilde die Qualen des wirklichen Lebens der dunklen Regionen wiedergeben könnte, ebenso-wenig vermag er das Entzücken zu schildern, das in dem Leben der Regionen des Lichtes liegt, auch wenn die Regionen noch zu dem vergänglichen Feinstofflichen gehören, und die Grenze zu dem ewigen Reiche Gottvaters noch nicht überschritten ist.
Jede Schilderung und jeder Versuch, das Leben bildhaft wiederzugeben, würde unbedingt eine Verkleinerung bedeuten, die der Menschenseele deshalb statt Nutzen nur Schaden bringen müßte.
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Weltgeschehen

Es gibt keine größere Gefahr für eine Sache, als eine Lücke zu lassen, deren Füllungsnotwendigkeit vielfach empfunden wird. Es hilft dann nichts, darüber hinweggehen zu wollen; denn eine derartige Lücke hindert jeden Fortschritt, und wird, sobald darüber ein Bau errichtet ist, diesen eines Tages zusammenbrechen lassen, auch wenn er mit größter Kunstfertigkeit und mit wirklich gutem Material ausgeführt ist.
So zeigen sich heute die verschiedenen christlichen Religionsgemeinschaften. Sie verschließen mit zäher Energie Auge und Ohr an manchen Stellen ihrer Lehren, die eine Unlogik fühlen lassen. Mit leeren Worten suchen sie darüber hinwegzuschreiten, anstatt wirklich einmal ernsthaft in sich zu gehen. Wohl empfinden sie die Gefahr, daß die durch eine Lehre blinden Glaubens provisorisch gelegten Brücken über derartige Klüfte eines Tages nicht mehr zureichend sein können, und sie fürchten den Augenblick, der diesen leichten Bau durch Erleuchtung erkennen lassen muß. Auch wissen sie, daß dann niemand mehr zu bewegen sein wird, einen so trügerischen Weg zu betreten, wodurch natürlich der dann wieder folgende solide Weiterbau und Weg ebenfalls leer bleiben muß. Ebenso ist ihnen bekannt, daß ein einziger Luftstrom frischer Wahrheit solche künstlichen Gebilde hinwegfegen muß. Doch in Ermangelung eines Besseren suchen sie trotz aller Gefahren die schwankende Planke festzuhalten. Sie sind sogar viel eher bereit, sie mit allen Mitteln zu verteidigen und den zu vernichten, der es wagen würde, in der Wahrheit selbst einen festeren Übergang zu bringen. Ohne Zögern würden sie denselben Vorgang zu wiederholen versuchen, der vor nahezu zweitausend Jahren sich auf dieser Erde abspielte, der seinen Schatten noch bis auf den heutigen Tag wirft, und den sie doch selbst als große Anklage gegen die Verblendung und verderbliche Starr-
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köpfigkeit der Menschheit zum Brennpunkte ihrer Lehren und ihres Glauben machten. Es waren die Träger der Religionen und die damaligen Gelehrten, die in ihrer dogmatischen Einengung und ihrem Schwäche verratenden Dünkel die Wahrheit und den Gottessohn nicht zu erkennen vermochten, sich auch davor verschlossen und ihn und seine Anhänger aus Furcht und Neid heraus haßten und verfolgten, während die anderen Menschen sich leichter der Erkenntnis öffneten und die Wahrheit des Wortes schneller empfanden. Trotzdem nun die heutigen Träger der christlichen Religionsgemeinschaften den Leidensweg des Gottessohnes besonders betonen, so haben sie doch an dieser Tatsache selbst nichts gelernt und keinen Nutzen daraus gezogen. Gerade die heutigen Führer dieser auf Christi Lehren gegründeten Gemeinschaften, wie auch diejenigen der neueren Bewegungen würden auch heute wieder jeden unschädlich zu machen versuchen, der die schwankenden Übergänge über bedenkliche Lücken oder Klüfte in ihren Belehrungen und Auslegungen durch die Wahrheit selbst gefährden könnte. Sie würden ihn mit ihrem Haß verfolgen, der aus Angst geboren ist, und noch vielmehr aus Eitelkeit heraus, genau wie es schon einmal war.
Die Größe würde ihnen fehlen zu ertragen, daß ihr Wissen nicht ausreichte, die Wahrheit selbst zu erkennen und die Lücken auszufüllen, um damit den Menschen zum leichteren Verstehen und vollem Erfassen den Weg zu ebnen.
Und doch ist der Menschheit nur durch volles Erfassen ein Aufstieg möglich, niemals durch blinden, unwissenden Glauben!
Eine solche Lücke durch falsche Überlieferung ist der Begriff der „Menschensohnes“. Krankhaft wird daran festgehalten, ähnlich den Pharisäern, die sich der ihren herkömmlichen starren Lehren gegenüberstellenden Wahrheit durch den Gottessohn nicht erschließen wollten. Christus hat von sich nur als Gottessohn gesprochen. Die Unlogik, sich gleichzeitig Menschensohn zu nennen, lag ihm fern. Mag man den eigenen Zweifeln heraus mit größter Kunstfertigkeit und Ge-
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wandtheit nach allen Richtungen hin versucht haben, diesen offensichtlichen und von jedem ruhig denkenden Menschen empfundenen Widerspruch zwischen Gottessohn und Menschensohn zu erklären, so kann doch trotz aller Mühen nicht behauptet werden, daß eine Vereinigung gefunden wurde. Die günstigste aller Deutungen mußte immer und immer wieder eine Doppelnatur zeigen, die nebeneinander stehen blieb, niemals aber als eins erscheinen konnte.
Das liegt auch ganz in der Natur der Sache. Der Gottessohn kann nicht zum Menschensohne werden, nur, weil er durch eines Menschen Leib geboren werden mußte, um auf Erden wandeln zu können.
Es ist jedem Christen bekannt, daß der Gottessohn lediglich in geistiger Mission kam, und dass alle seine Worte das geistige Reich betrafen, also geistig gemeint waren. Demnach darf von vornherein auch sein mehrmaliger Hinweis auf den Menschensohn nicht anders aufgefaßt werden! Warum soll nun hier eine Ausnahme sein. Geistig aber war und blieb Christus lediglich der Gottessohn! Wenn er nun von dem Menschensohne sprach, so konnte er sich nicht selbst damit meinen. Es liegt in dem allen viel Gewaltigeres, als die heutigen Auslegungen der christlichen Religionen wiedergeben. Der offene Widerspruch müßte schon lange ernster zum Nachdenken angeregt haben, wenn nicht die dogmatische Einklammerung alles verdunkelte. Statt dessen griff man ohne die für so einschneidende Dinge unbedingt ernsteste Prüfung zum krampfhaften Festhalten an dem überlieferten Worte und legte sich so Scheuklappen an, die den freien Ausblick hinderten. Natürliche Folge ist, daß solche Ausleger und Lehrer, obwohl in der Schöpfung ihres Gottes stehend, nicht einmal diese richtig zu erkennen vermögen, wodurch allein die Aussicht besteht, auch dem Schöpfer selbst, dem Ausgangspunkte des Werkes, näher zu kommen.
Christus lehrte in erster Linie volle Natürlichkeit, das heißt, sich in die Gesetze der Natur, also der Schöpfung einzufügen. Einfügen aber kann sich nur der, der die Naturgesetze kennt. Die Naturgesetze wiederum tragen den Willen des Schöpfers
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in sich, und können somit auch den Weg zur Erkenntnis des Schöpfers selbst geben. Wer nun die Naturgesetze kennt, erfährt aber auch, wie unverrückbar diese wirkend ineinandergreifen; weiß deshalb, daß dieses Wirken in seiner steten, vorwärtstreibenden Folgerichtigkeit unabänderlich ist, wie damit auch der Wille des Schöpfers, Gottvaters.
Jede Abweichung müßte eine Änderung des göttlichen Willens bedeuten. Eine Änderung aber würde auf Unvollkommenheit hinweisen. Da aber der Urquell alles Seins, Gottvater nur einheitlich und vollkommen ist, so muß auch die kleinste Abweichung innerhalb der Naturgesetze, also der Entwicklungsgesetze, einfach unmöglich und von vornherein ausgeschlossen sein. Diese Tatsache bedingt, daß auch Religionswissenschaft und Naturwissenschaft in jeder Beziehung eins sein müssen in lückenloser Klarheit und Folgerichtigkeit, wenn sie die Wahrheit wiedergeben sollen.
Daß die Naturwissenschaft heute noch eine im Verhältnis zur ganzen Schöpfung sehr niedere Grenze des Wissens hat, wird nicht geleugnet, da sie sich lediglich an das Grobstoffliche gehalten hat, weil der Verstand in heutigem Sinne nur an das an Raum und Zeit Gebundene heranzugehen vermag. Der einzige, allerdings auch unverzeihliche Fehler dabei ist nur, daß die Jünger dieser Wissenschaft alles Darüberhinausgehende spöttisch als nichtbestehend zu leugnen versuchen, mit Ausnahme weniger Gelehrten, die das Mittelmaß überschritten haben und weitschauender wurden, und die es verschmähten, Nichtwissen mit Dünkel zu überdecken.
Religionswissenschaft aber greift viel weiter, bleibt aber trotzdem ebenfalls auf die über das an Raum und Zeit Gebundene hinausgreifenden Naturgesetze angewiesen, die vorn Urquell kommend in das Irdisch-Sichtbare ohne Unterbrechung und ohne Abänderung ihrer Art hineinlaufen. Aus diesem Grunde dürfen auch Religionslehren weder Lücken noch Widersprüche bergen, wenn sie der Wahrheit, also den Naturgesetzen oder dem göttlichen Willen wirklich entspreche sollen, wenn sie also die Wahrheit bergen sollen. Freiheiten
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blinden Glaubens dürfen sich zur Führung dienende und verantwortungsreiche Lehren nicht erlauben!
Schwer lastet deshalb der Irrtum des Begriffes vom Menschensohne auf den Anhängern der wahren Christuslehren, weil sie irrtümliche Überlieferungen ruhig hinnehmen und weiterschleppen, trotzdem in vielen Menschen zeitweise gegenteiliges Empfinden leise mahnt.
Gerade die Unabänderlichkeit göttlichen Willens in seiner Vollkommenheit ist es, die ein willkürliches Eingreifen Gottes in der Schöpfung ausschließt. Sie ist es aber auch, die nach der Abspaltung Lucifers durch dessen falsches Handeln*) diesen nicht einfach auszuschalten vermag, ebenso auch einen Mißbrauch der Naturgesetze, des göttlichen Willens, durch die Menschen zulassen muß, weil dem Menschengeiste durch seine Herkunft aus dem ewigen Geistig-Wesenhaften ein freier Entschluß vorbehalten ist.**) In den Geschehnissen der fein- und grobstofflichen Schöpfung muß sich gerade die unverrückbare Vollkommenheit des Schöpferwillens als eine Art Gebundensein zeigen! Aber nur minderwertige und kleine Menschengeister können bei dieser Erkenntnis eine Beschränkung der Macht und Größe sehen. Eine derartige Auffassung würde lediglich das Produkt ihrer eigenen Beschränktheit sein.
Die Unermeßlichkeit des Ganzen verwirrt sie, weil es ihnen tatsächlich nur möglich ist, sich ein Bild davon vorzustellen, wenn es — ihrem Verstehen entsprechend — eine engere Grenze hat.
Wer sich jedoch wirklich bemüht, seinen Schöpfer in dessen Wirken zu erkennen, der wird auf dem sicheren Wege der Naturgesetze ein überzeugendes Ahnen empfangen haben von den weitausgreifenden Vorgängen, deren Anfänge in dem Urquell, also dem Ausgangspunkte alles Geschehens liegen, um sich von dort aus wie unverrückbare Schienenstränge durch die Schöpfung zu ziehen, auf denen dann alles weitere Leben je nach Stellung der Weiche sich abrollen muß. Das Weichen-
*) Vortrag: „Das Geheimnis Lucifer“.
**) Vortrag : „Verantwortung“.
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stellen aber besorgt der Menschengeist in seinem durch das Stoffliche selbsttätig. (Vortrag „Der Mensch und sein freier Wille!) Durch Lucifers Prinzip läßt sich nun leider die Mehrzahl zur falschen Weichenstellung veranlassen, und so rollt dann deren Leben nach den unabänderlichen Fortentwicklungsgesetzen, die gleich Schienensträngen das Stoffliche durchziehen, mehr und mehr abwärts, einem je nach der Einstellung ganz bestimmten Endziele zu.
Die Weichenstellung des freien Entschlusses kann nun vom Ursprung aus genau beobachtet oder empfunden werden, woraufhin der weitere Verlauf klar zu erkennen ist, weil er nach einem erfolgten Entschlusse in der Fortentwicklung nur den entsprechenden in der Schöpfung verankerten Gesetzes-Schienensträngen entlang laufen muß. Dieser Umstand ermöglicht das Vorausschauen so mancher Geschehnisse, weil die Naturoder Schöpfungsgesetze in ihrem Entwicklungsdrange niemals abweichen. Jahrtausende spielen dabei keine Rolle. In diesen vorausgeschauten, unbedingten Endzielen entstehen dann die großen Offenbarungen, die Begnadeten in Bildern geistig gezeigt werden und durch Weitergabe zur Kenntnis der Menschheit kommen. Eins ist aber dabei nicht mit Bestimmtheit vorauszusagen: die irdische Zeit, zu der sich solche Offenbarungen und Verheißungen erfüllen!
Das geschieht zu der Stunde, in welcher ein solcher Lebensverlauf seinen gewählten Schienen entlangrollend an einer vorauserklärten Zwischenstation oder dem Endziele einfährt. Das Schicksal des Menschen wie des Volkes und zuletzt der ganzen Menschheit ist mit einem Zuge zu vergleichen, der auf einer eingleisigen Bahn vor nach allen Richtungen führenden Schienensträngen wartend steht. Der Mensch stellt eine Weiche nach seinem Belieben ein, springt auf und gibt Dampf, das heißt, er belebt ihn. Bei seinem Einbiegen in das von ihm gewählte Geleise vermag man nur die einzelnen Stationen und die Endstationen zu nennen, nicht aber die genaue Stunde der jeweiligen Ankunft, da dies von der Fahrtgeschwindigkeit abhängt, die je nach der Art des Menschen wechseln kann; denn
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der Mensch belebt die Maschine und wird sie je nach seiner eigenen Art in ruhigem Gleichmaße oder in stürmender Leidenschaft oder abwechselnd verschiedenartig vorwärtstreiben. Je mehr ein solcher Einzelmenschen- oder Völker- oder Menschheitszug sich aber einer Station seiner Schienen- oder Schicksalsrichtung nähert, desto sicherer kann dann das nahende Eintreffen erschaut und angedeutet werden. Das Schienennetz hat aber auch einige Verbindungslinien, die durch jeweilige Weichenumstellungen während der Fahrt benützt werden können, um eine andere Richtung zu erhalten, und somit auch eine andere Endstation als der zuerst zugesteuerten zu erreichen. Es erfordert dann natürlich ein Langsamerfahren beim Nahen einer derartigen Weiche, ein Anhalten und Wehichenumstellen. Das langsamere Fahren ist das Nachdenken, das Anhalten der Entschluß des Menschen, der ihm bis zu einem letzten Entscheidungspunkte immer möglich ist, und das Umstellen die diesem Entschlusse folgende Tat.
Den göttlichen Willen, der sich in den feststehenden Naturgesetzen wie Schienenstränge durch das Stoffliche zieht, kann man auch die Nerven in dem Schöpfungswerke nennen, die den Ausgangspunkt den schöpferischen Urquell, jede Unebenheit in dem gewaltigen Körper des Werkes fühlen lassen oder ihm melden.
Dieser auf Grund der unverrückbaren Gesetze bis an jedes Ende ausschauende sichere Überblick veranlaßt den Schöpfer, seinen Offenbarungen auch Verheißungen anzuknüpfen, die für die Zeit der herannahenden gefährlichsten Kurven, Zwischenstationen oder Endstationen rechtzeitig von ihm kommende Helfer verkünden! Diese Helfer sind von ihm ausgerüstet, kurz vor Eintreffen unausbleiblicher Katastrophen und gefährlicher Wendungen den auf diesen falschen Geleisen rollenden Menschengeistern durch Verkündung der Wahrheit die Augen zu öffnen, damit es ihnen möglich wird, noch rechtzeitig eine andere Weiche einzustellen, um die immer gefährlicher werdenden Stellen zu vermeiden und durch eine neue Richtung auch dem verderbenbringenden Endziele zu entgehen. Wehe dem
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Menschen im Dies- und Jenseits, der die letzte aller Umstellungsweichen und damit die Möglichkeit einer besseren Richtung übersieht und versäumt! Er ist rettungslos verloren.
Da der Schöpfer an der Vollkommenheit seines Willens nicht rütteln kann, so wird auch er bei diesem Helfen genau wieder die bestehenden Gesetze einhalten. Mit anderen Worten: Sein Wille ist von Urbeginn an vollkommen. Jede seiner neuen Willensakte werden selbstverständlich ebenfalls vollkommen sein. Das bedingt, daß jeder neue Willensakt von ihm auch genau die gleichen Gesetze in sich tragen muß als die bereits vorausgegangenen. Folge davon ,ist wieder die genaue Einfügung in das Entwicklungsgeschehen der fein- und grobstofflichen Welt. Eine andere Möglichkeit ist gerade durch die Vollkommenheit Gottes ein für allemal ausgeschlossen. In dem schon erklärten Vorausschauen entstand die Verheißung der Menschwerdung des Gottessohnes, um mit der Wahrheitsverkündung die Menschheit zur Umstellung der Weiche zu veranlassen. Die Tat der Umstellung bleibt den Gesetzen entsprechend den Menschengeistern selbst vorbehalten. Dadurch aber ist es einem Vorausschauen entzogen, die Art des Entschlusses zu erkennen; denn nur die von den Menschengeistern schon gewählten Bahnen, in die sie die Weiche nach ihrem freien Entschluß gestellt haben, können genau in ihren sämtlichen Stationen und Kurven bis zum Endziele überschaut werden. Davon ausgeschlossen sind nach folgerichtiger Natürlichkeit die Wendepunkte, bei denen ein freier Entschluß der Menschheit ausschlaggebend ist; denn auch dieses Recht ist aus der natürlichen Entstehung- und Entwicklungsgesetzmäßigkeit heraus durch Gottes Vollkommenheit ebenso unverrückbar wie alles andere, und da der Schöpfer den Menschengeistern dieses Recht durch deren Ursprung aus dem Geistig-Wesenhaften gegeben hat, verlangt er auch nicht im voraus zu wissen, wie die Entscheidung von diesen fallen wird. Nur die Folge einer solchen Entscheidung kann er genau bis an das Ende erkennen, weil diese sich dann innerhalb dieses Willens auswirken muß, der in den Gesetzen der fein- und grobstofflichen Schöpfung ruht. Würde es anders
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sein, so könnte die Ursache dazu aus diesem Grunde nur einen Mangel an Vollkommenheit bedeuten, was unbedingt ausgeschlossen ist.
Der Mensch soll sich also dieser seiner ungeheueren Verantwortung stets voll bewußt sein, daß er in seinen Grundentschlüssen wirklich unabhängig ist. Leider aber wähnt er sich entweder als vollkommen abhängigen Knecht, oder dann sich überschätzend als einen Teil des Göttlichen. Wahrscheinlich liegt der Grund dafür darin, daß er sich in beiden Fällen der Verantwortung enthoben glaubt. In dem einen Fall als zu tiefe und abhängige Kreatur, in dem anderen Falle als weit darüber stehend. Beides aber ist falsch! Er mag sich als Verweser ansehen, dem in gewissen Dingen freier Entschluß, aber auch die volle Verantwortung zusteht, der also ein großes Vertrauen besitzt und dieses nicht durch schlechtes Haushalten täuschen soll.
Gerade diese Vollkommenheit macht es notwendig, daß der Schöpfer bei Ausübung direkter Hilfen für die falschsteuernde Menschheit auch mit einem Versagen der Menschheit bei deren Entschlußfassung rechnen muß. Für solche Fälle hält er aus seiner Weisheit und Liebe heraus, die als ihm zu eigen ebenfalls wieder gesetzmäßig und natürlich sind, weitere Wege zur Hilfe bereit, die sich dann dem ersten, durch Versagen der Menschheit eventuell abgeschnittenen Wege als Fortsetzung anschließen.
So wurde schon vor der Zeit der Menschenwerdung des Gottessohnes in dem ewigen Reiche des Vaters ein anderer Sendling für eine Mission vorbereitet, für den Fall, daß die Menschheit trotz des großen Liebesopfers des Vaters versagen könnte. Wenn der Gottessohn mit seiner rein-göttlichen Einstellung nicht so gehört werden würde, daß die Menschheit auf seine Warnung hin die. Weiche ihrer Bahnen nach der, Richtung hin einstellte, die er ihnen wies, sondern auf ihren bisherigen zum Verderben führenden Bahnen in Verblendung verblieb, so sollte dann noch ein Sendling ausgehen, der der Menschheit in deren innerstem Wesen näher stehen konnte als
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der Gottessohn, um ihr nochmals in der letzten Stunde als Warner und Führer zu dienen wenn — — — — sie auf seinen Ruf der Wahrheit hören wollten. Das ist der Menschensohn.
Christus als Gottessohn wußte davon. Als er den überwucherten und verdorrten Boden der Menschheitsseelen bei seinem Wirken erkannte, wurde ihm klar, daß sein Erdenwallen nicht die Früchte tragen würde, die bei gutem Wollen der Menschheit hätten reifen müssen. Er trauerte tief darüber, überschaute er doch auf Grund der ihm so wohl bekannten Gesetze in der Schöpfung, die den Willen seines Vaters tragen, den unbedingten Fortgang zu dem unvermeidlichen Ende, das der Menschen Art und Willen nach sich ziehen mußte. Und da begann er von dem Menschensohne zu reden, von dessen durch die entstehenden Geschehnisse notwendig werdendem Kommen. Je weiter er seine große Mission erfüllte, die je nach dem Entschlusse der Menschheit zwei Wege offen ließ: entweder ein großes Folgen seiner Lehren mit anschließendem Aufstiege unter Vermeidung alles Verderbenbringenden, oder ein Versagen und Weiterstürmen auf abschüssiger Bahn, die ins Verderben führen mußte, desto klarer sah er, daß der Entschluß der großen Mehrheit der Menschheit dem Versagen und somit dem Untergange zuneigte. Daraufhin formten sich seine Äußerungen über den Menschensohn zu direkten Verheißungen und Ankündigungen, indem er sprach: „Wenn aber des Menschen Sohn kommen wird . . .“ usw.
Damit bezeichnete er die Zeit kurz vor der Gefahr des Unterganges, der sich aus dem Versagen der Menschheit seiner Mission gegenüber als Endziel der beharrlich weiter verfolgten Richtung nach den göttlichen Gesetzen in der stofflichen Welt erfüllen mußte. Schwer litt er damals bei diesem Erkennen.
Falsch ist jede Überlieferung, die behauptet, daß Jesus, der Gottessohn, gleichzeitig auch sich selbst als Menschensohn bezeichnet hätte. Derartige Unlogik liegt weder in den göttlichen Gesetzen, noch ist sie dem Gottessohne als Kenner und Träger dieser Gesetze zuzumuten. Die Jünger wußten nicht Bescheid darin, wie ja aus ihren Fragen selbst hervorging. Von ihnen
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allein ging der Irrtum aus, der sich bis heute erhalten hat. Sie wähnten, daß der Gottessohn mit dem Ausdruck Menschensohn sich selbst bezeichnete, und aus dieser Annahme heraus überlieferten sie diesen Irrtum auch der Nachwelt, die sich ebenfalls nicht ernster mit der darinliegenden Unlogik befaßte, als die Jünger selbst, sondern einfach darüber hinweggingen, teils aus Scheu, teils aus Bequemlichkeit, trotzdem in der Richtigstellung die Alliebe des Schöpfers nur noch deutlicher und kraftvoller heraustritt. In den Fußstapfen des Gottessohnes gehend, das heißt, seine Mission aufnehmend und weitertragend, wird der Menschensohn als zweiter Gesandter Gottvaters der Menschheit auf der Erde gegenübertreten, um sie durch Verkündung der Wahrheit zurückzureißen von der bisherigen Bahn, und sie zu dem freiwilligen Entschlusse einer anderen Einstellung zu bringen, die abseits führt von den Punkten des Verderbens, die jetzt ihrer warten.
Gottessohn—Menschensohn! Daß darin ein Unterschied liegen muß, ist sicherlich nicht so schwer herauszufinden. Jedes dieser Worte hat seinen scharf umrissenen, streng ausgeprägten Sinn, der eine Vermischung und Verschmelzung in eins direkt zur Trägheit des Denkens stempeln muß. Hörer und Leser der Vorträge werden sich der natürlichen Entwicklung bewußt sein, die vom Urlicht, Gottvater, ausgehend bis zu dem grobstofftichen Weltenkörper herabreicht. Der Gottessohn kam aus dem Göttlich-Wesenlosen, das Geistig-Wesenhafte und das Feinstoffliche schnell durcheilend, zur Inkarnation in die grobstoffliche Welt. Deshalb muß er mit vollem Recht der menschgewordene Gottesteil oder Gottessohn genannt werden. Das Durcheilen des Geistig-Wesenhaften, in dem erst der Menschengeist seinen Ausgangspunkt hat, ließ ihn dort, wie auch in dem dann folgenden feinstofflichen Teile der Schöpfung nicht so Fuß fassen, daß sein göttlich-wesenloser Geist starke Schutzhüllen dieser verschiedenen Arten mitnehmen konnte, sondern diese sonst als Rüstung dienenden Hüllen blieben dünn. Das brachte den Vorteil, daß das innerlich Göttliche leichter und stärker durchstrahlte, also hervorbrach, aber auch den
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Nachteil, daß es in den lichtfeindlichen Niederungen der Erde durch sein Auffallen um so schneller bekämpft und wütender angegriffen werden konnte. Das starke, nur schwach verdeckte Göttliche in der irdisch-grobstofflichen Hülle mußte fremd unter den Menschen bleiben, als zu fern stehend. Bildlich ausgedrückt könnte man also sagen, daß sein göttlicher Geist für das niedere Grobstofflich-Irdische durch den Mangel an Aufnahme aus dem Geistig-Wesenhaften und dem Feinstofflichen nicht genügend gewappnet und gerüstet war. Die Kluft zwischen dem Göttlichen und dem Irdischen blieb nur schwach überbrückt.
Da nun die Menschen dieses Geschenk göttlicher Liebe nicht achteten und nicht hüteten, sondern aus dem natürlichen Triebe alles Dunkleren heraus dem lichten Gottessohn mit Feindseligkeiten und Haß entgegentraten, so mußte ein zweiter Sendling kommen in dem Menschensohne, der für die grobstoffliche Welt stärker gewappnet ist.
Auch der Menschensohn ist ein Gottgesandter und aus dem Göttlich-Wesenlosen hervorgegangen. Er wurde aber vor seiner Sendung in die grobstoffliche Welt in das ewige Reingeistig-Wesenhafte inkarniert, also eng verbunden mit der geistigen Wesensart, aus dem das Samenkorn des Menschengeiste stammt! Damit tritt der göttlich wesenlose Kern dieses zweiten Gesandten dem Menschengeiste in dessen Ursprunge näher, wodurch er auch mehr Schutz und unmittelbare Kraft gegen diesen gewinnt.
In den höchsten Höhen der gleichen Wesensart des Menschengeistes lebt für alles Bestehende je ein vollendetes Ideal dessen, was die Fortentwicklung aus dem Geistig-Wesenhaften heraus alles in sich tragen kann. So auch das ewige, reingeistig-wesenhafte Ideal alles Weiblichen, gleichsam als Königin der Weiblichkeit mit allen lebendigen Tugenden. Jeder weibliche Geistkeim trägt die unbewußte Sehnsucht in sich, diesem      reinen, in edelster Form lebendigen Ideale nachzustreben. Leider artet diese unbewußte Sehnsucht während des Laufes durch die Stofflichkeit oft in Eitelkeit aus, die vortäuschend und in
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Selbstbetrug viel nicht Lebendiggewordenes, aber doch Ersehntes ersetzen soll. Doch diese Sehnsucht wird bewußter bei dem Emporsteigen zum Licht, noch in der feinstofflichen Welt. Sobald die niederen Begierden abzufallen beginnen, bricht sie immer heftiger hervor, um zuletzt die Tugenden zu beleben und zu stärken. Der Magnet und Brennpunkt dieser edlen Sehnsucht nach den weiblichen Tugenden ist die Königin der Weiblichkeit in dem unvergänglichen Reiche des Vaters, dem Reingeistig-Wesenhaften. Der göttlich-wesenlose Kern des zweiten Gottgesandten nun wurde in dieses geistig-wesenhafte Ideal der Weiblichkeit gesenkt und von ihr als geistig-wesenhafte Mutter in dem ewigen Reiche Gottvaters großgezogen, mit der Gralsburg als Heimat seiner geistigen Jugend. Erst von hier aus erfolgte dann seine Sendung in die grobstoffliche Welt, zu einer Zeit, daß er zur rechten Stunde auf den Kampfplatz treten kann, um den um geistige Führung bittenden ernsthaften Gottsuchern den rechten Weg in das Reich des Vaters weisen zu können, und gleichzeitig Schutz zu gewähren vor den Angriffen der ihnen feindlichen Abwärtsstrebenden.
Da er im Gegensatze zu dem Gottessohne seine geistige Jugend in dem Geistig-Wesenhaften verbrachte, also in dem Ursprunge und Ausgangspunkte des Menschengeistes, so wurzelt er gleichzeitig außer in dem Göttlich-Wesenlosen auch fest in dem Geistig-Wesenhaften, kommt dadurch in seiner Art der Menschheit näher und ist in der Paarung der Herkunft und Jugend richtiggehend Gottmensch! Hervorgehend aus dem Göttlich-Wesenlosen und auch aus dem Reingeistig-Wesenhaften, dem Urbeginn der Menschheit. Aus diesem Grunde wird er im Gegensatz zum reinen Gottessohn der Menschensohn genannt, dem der Weg zum Göttlich-Wesenlosen durch seine Herkunft offen steht! Deshalb trägt er göttliche Kraft und Macht in sich und steht damit der ganzen Menschheit wie auch Lucifer zum Kampf wohlausgerüstet gegenüber.
Darum wachet, daß Ihr ihn erkennt, sobald die Zeit für ihn gekommen ist; denn er bringt auch die Zeit für Euch!
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Der Unterschied im Ursprung zwischen Mensch und Tier

Um den Unterschied des Ursprunges zwischen Mensch und Tier klar zu machen, bedarf es einer eingehenderen Zergliederung der Schöpfung als bisher. Mit den üblichen Schlagwörtern wie „Gruppenseele“ des Tieres gegenüber dem persönlichen „Ich“ des Menschen ist dabei nicht genug getan, trotzdem es an sich schon ganz richtig gedacht ist. Aber es wird dabei nur das Allgemeine und dem irdischen Zunächstliegende weitumrissen gezeichnet, doch nicht der eigentliche Unterschied genannt.
Es muß hierbei die Entwicklung der Schöpfung bekannt sein, die in dem Vortrage „Schöpfungsentwicklung“ erklärt ist.
Der leichteren Übersicht halber seien die Haupt-Stufen von oben herab noch einmal wiedergegeben:

1. Göttlich:

Göttlich-Wesenlos

Göttlich-Wesenhaft

2. Geistig-Wesenhaft:

Bewußt-Geistig-Wesenhaft

Unbewußt-Geistig-Wesenhaft

3. Wesenhaft:

Bewußt-Wesenhaft

Unbewußt-Wesenhaft

4. Stofflich:

Feinstofflich

Grobstofflich

Der Mensch hat seinen geistigen Ursprung in dem Unbewußt-Geistig-Wesenhaften. Das Tier dagegen seinen wesenhaften Ursprung in dem Unbewußt-Wesenhaften. Zwischen diesen beiden Stufen ist ein gewaltiger Unterschied. Der belebende Kern des Menschen ist Geist. Der belebende Kern des Tieres aber ist nur Wesen.
Ein Geist steht weit über dem Wesen; der innere Ursprung des Menschen demnach auch viel höher als der des Tieres, während beide gemeinsam nur den Ursprung des grobstoff-
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lichen Körpers haben. Der Geist des Menschen hat jedoch seinen ursprünglich reintierischen Körper mit der Zeit weiter ausgebildet, als es dem Wesen des Tieres möglich wurde.
Die Lehre der natürlichen Entwicklung des grobstofflichen Körpers von dem niedrigsten Tierkörper angefangen bis zum Menschenkörper ist deshalb richtig. Sie zeigt das in jeder Beziehung lückenlose Aufwärtsarbeiten des schöpferischen Willens in der Natur. Ein Zeichen der Vollkommenheit.
Es ist bei dieser Lehre nur der eine, allerdings auch große Fehler gemacht worden, daß man über das Grobstoffliche nicht hinausging. Wenn man sagt, der menschliche Körper, also der grobstoffliche Mantel des Menschen, stammt vom Tierkörper ab, der vor dem Menschenkörper da war, so ist das richtig. Diese Körper machen aber weder den Menschen noch das Tier aus, sondern gehören nur als in der Grobstofflichkeit notwendig dazu. Will man aber daraus folgern, daß auch die innere Lebendigkeit des Menschen von der des Tieres abstamme, so ist dies ein unverzeihlicher, irreführender Fehler, der einen Zwiespalt erwecken muß. Aus diesem Zwiespalt heraus entsteht auch in so vielen Menschen die gesunde Empfindung gegen eine derartige unrichtige Annahme. Einesteils werden sie von der Richtigkeit der Annahme angezogen, die die Körper betrifft, anderenteils wieder abgestoßen von der groben Nachlässigkeit, die ohne weiteres den inneren Ursprung mit hineinverweben will.
Die Wissenschaft konnte allerdings bisher kaum anders, als zu sagen, daß in der natürlichen Entwicklung der Mensch schließlich vom Tier, und zunächst von einem affenähnlichen Tier abstammen muß, das in seiner Form dem menschlichen Körper am nächsten kam, weil sie sich bisher lediglich nur mit dem Stofflichen zu beschäftigen vermochte. Vorwiegend sogar nur mit dem Grobstofflichen, das einen ganz kleinen Teil der Schöpfung ausmacht. Und von dieser kennt sie auch nur die gröbsten Äußerlichkeiten. In Wirklichkeit also verschwindend wenig, so gut wie nichts. Verschiedenes Wertvollere vermag sie wohl heute endlich zu verwenden, kennt es aber in seinem Eigentlichen noch nicht, sondern muß sich notgedrungen dabei
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mit einigen Fremdwörtern abfinden, die sie an Stelle des Wissens setzt. Diese Worte bezeichnen lediglich die provisorische Klassifizierung eines bestehenden und schon verwendbaren gewissen Etwas, dessen eigentliche Art man nicht kennt, noch viel weniger den Ursprung.
Das Wesenhafte aber und noch viel mehr das Geistige stehen über allem Stofflichen, sind von der Erde aus nach oben zu die Fortsetzung zum Ursprung alles Bestehenden, oder, was natürlicher ist, von oben herab das dem Stofflichen in der Entwicklung Vorausgegangene.
Es muß bedacht werden, daß alles Geistige, wie auch alles Wesenhafte, selbstverständlich und aus der Entwicklung heraus naturgemäß bedingt den Mantel eines grobstofflichen Körpers braucht, sobald es den Entwicklungsgesetzen gehorchend als bildender Faktor und lebendiger Kern bis in das Grobstoffliche vordringt. Jeder Zwist wird sofort behoben sein, wenn man endlich entweder weiter aufwärts dringt in allem Forschen, also über das Stoffliche hinaus, oder dem natürlichen Entwicklungsgange von oben herab zu folgen vermag. Die Zeit ist da, wo der Fuß dazu erhoben werden muß. Doch die größte Vorsicht ist dabei geboten, damit geistiges Wissen, das die Logik unverkennbar in sich trägt, nicht unbemerkt in unwissende Phantasie herabgezogen wird. Man muß beachten, daß dem Wesenhaften und dem Geistigen auch nur mit klarem, freiem Geiste gegenübergetreten werden kann, nicht wie im Stofflichen mit Wagen, Seziermessern und Gläsern.
Ebensowenig aber auch mit beengtem Geiste oder Voreingenommenheit, wie es so oft versucht wird. Das verbietet sich nach den bestehenden Schöpfungsgesetzen von selbst in unüberbrückbarer Art. Darin wird eine kleine menschliche Kreatur auch mit der größten Anmaßung nicht an dem in seiner Vollkommenheit ehernen Willen seines Schöpfers abbiegen können.
Der eigentliche Unterschied zwischen dem Menschen und dem Tiere liegt also lediglich in seinem Inneren. Ein Tier kann auch nur in das Wesenhafte zurückkehren, nachdem es den
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grobstofflichen Körper abgelegt hat, während ein Mensch in das Geistige zurückkehrt, das viel höher liegt.
Der Mensch vermag wohl in gewisser Beziehung oft herabzusteigen zum Tier, muß aber trotzdem immer Mensch bleiben da er sich der Verantwortung nicht zu entziehen vermag, die ihren Keim in seinem geistigen Ursprung hat; das Tier mit seinem nur wesenhaften Ursprunge jedoch kann sich niemals zum Menschen emporschwingen. Der Unterschied zwischen den Körpern aber liegt nur in der Form, und in der edleren Entwicklung bei dem Menschen, die durch den Geist hervorgerufen wurde, nachdem er in den grobstofflichen Körper eingegangen war.
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*) Vortrag: „Die Erschaffung des Menschen“.
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Die Trennung zwischen Menschheit und Wissenschaft

Diese Trennung brauchte nicht zu bestehen; denn die ganze Menschheit hat volles Anrecht auf die Wissenschaft Diese versucht ja nur, das Gottesgeschenk der Schöpfung verständlicher zu machen. Die eigentliche Tätigkeit eines jeden Zweiges der Wissenschaft liegt in dem Versuche, die Gesetze des Schöpfers näher zu ergründen, damit diese durch deren genauere Kenntnis ausgiebiger zu Nutz und Frommen der Menschheit verwendet werden können.
Es ist dies alles weiter nichts als ein Sichunterordnenwollen unter den göttlichen Willen.
Da aber nun die Schöpfung und die sie tragenden Naturoder Gottesgesetze in ihrer Vollkommenheit so überaus klar und einfach sind, so müßte die natürliche Folge auch eine schlichte und einfache Erklärung geben durch den, der sie wirklich erkannt hat.
Hier aber setzt nun eine fühlbare Differenz ein, die durch ihre ungesunde Art eine immer mehr sich erweiternde Kluft zwischen der Menschheit und denen reißt, die sich Jünger der Wissenschaft, also Jünger des Wissens oder der Wahrheit nennen.
Diese drücken sich nicht so einfach und natürlich aus, wie es der Wahrheit, also dem eigentlichen Wissen entsprechen würde, ja, wie es die Wahrheit überhaupt als natürliche Folge verlangt.
Das hat zwei Ursachen, eigentlich drei. Für die nach ihrer Meinung besondere Mühe des Studiums erwarten sie eine Sonderstellung. Daß dieses Studium auch nur ein Entlehnen aus der fertigen Schöpfung ist, wie es ähnlich ein einfacher Landmann durch die für ihn notwendige ruhige Beobachtung der Natur durchführt, oder andere Menschen in ihren praktischen Arbeiten es tun müssen, wollen sie sich nicht gern klar machen.
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Außer diesem wird ein Jünger der Wissenschaft, solange er nicht wirklich in seinem Wissen der Wahrheit nahe kommt, sich aus der Natur der Sache heraus immer unklar ausdrücken müssen. Erst dann, wenn er die Wahrheit selbst wirklich erfaßt hat, wird er ebenso wieder aus der Natur der Sache heraus notwendigerweise einfach und natürlich in seinen Schilderungen werden. Es ist nun kein Geheimnis, daß gerade Nichtwisser während ihrer Übergänge zum Wissen gern mehr sprechen als die Wissenden selbst, und sie werden sich dabei immer der Unklarheit bedienen müssen, weil sie nicht anders können, wenn sie die Wahrheit, also das eigentliche Wissen, noch nicht vor sich haben.
Drittens aber liegt tatsächlich die Gefahr vor, daß die Allgemeinheit der Menschen der Wissenschaft sehr wenig Beachtung schenken würde, wenn diese sich in dem natürlichen Mantel der Wahrheit zeigen wollte. Die Menschen würden sie dann „zu natürlich“ finden, um ihr viel Wert beilegen zu können
Daß aber gerade das das einzig Richtige ist und auch den Maßstab gibt für alles Echte und Wahre, daran denken sie nicht. Nur in der natürlichen Selbstverständlichkeit liegt die Garantie der Wahrheit.
Doch dazu sind die Menschen nicht so leicht zu bekehren, wollten sie ja auch in Jesus nicht den Gottessohn erkennen, weil er ihnen „zu einfach“ kam.
Diese Gefahr wußten die Jünger der Wissenschaft von jeher ganz genau. Deshalb verschlossen sie sich aus Klugheit der natürlichen Einfachheit der Wahrheit immer mehr und mehr. Um sich und ihre Wissenschaft zur Geltung zu bringen, schufen sie in grüblerischem Sinnen immer schwerer werdende Hindernisse.
Der sich aus der Masse heraushebende Gelehrte verschmähte es endlich, sich einfach und allen verständlich auszudrücken. Oft nur aus dem ihm selbst kaum bewußten Grunde, daß ihm wohl nicht viel Vorhabendes verblieben wäre, wenn er nicht eine Ausdrucksweise formte, die erst in jahrelangem Studium besonders hätte erlernt werden müssen.
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Sich nicht allen verständlich zu machen, schuf ihm mit der Zeit einen künstlichen Vorrang, der von seinen Schülern und Nachfolgern um jeden Preis festgehalten wurde, da sonst bei vielen das jahrelange Studium und die damit verbundenen Geldopfer tatsächlich vergebens gewesen wären.
Heute nun ist es so weit gekommen, daß es vielen Gelehrten überhaupt nicht mehr möglich ist, sich einfachen Menschen gegenüber klar und verständlich, also einfach auszudrücken. Das Bestreben würde nunmehr wohl das schwerste Studium erfordern und mehr als ein ganzes Menschenalter in Anspruch nehmen. Es würde aber vor allen Dingen das für viele unangenehme Ergebnis zeitigen, daß dann nur noch solche Menschen hervorragen, die der Menschheit mit wirklichem Können etwas zu geben haben und ihr damit zu dienen bereit sind.
Jetzt ist Verschleierung durch Unverständlichkeit für die Allgemeinheit eine besonders hervorstechende Eigenart der Gelehrtenwelt, wie es ähnlich schon in kirchlichen Dingen gepflogen wurde, wobei irdisch berufene Gottesdiener zu den Andachtsuchenden und Erhebungheischenden als Führer und Lenker lateinisch sprachen, das diese nicht verstanden und demnach auch nicht erfassen und sich zu eigen machen konnten, wovon allein sie irgendwelchen Gewinn zu haben vermochten. Die Gottesdiener hätten damals ebensogut siamesisch reden können mit derselben Erfolglosigkeit.
Das wahre Wissen darf es nicht nötig haben, sich unverständlich zu machen; denn in ihm liegt gleichzeitig auch die Fähigkeit, ja das Bedürfnis, sich in schlichten Worten   auszudrücken. Die Wahrheit ist ohne Ausnahme für alle Menschen; denn diese entstammen ihr ja, weil die Wahrheit in dem Geistig-Wesenhaften, dem Ausgangspunkte des Menschengeistes, lebendig ist. Das läßt folgern, daß die Wahrheit in ihrer natürlichen Schlichtheit auch von allen Menschen verstanden werden kann. Sobald sie aber in der Wiedergabe kompliziert und unverständlich gemacht wird, dann bleibt sie nicht mehr rein und wahr, oder die Schilderungen verlieren sich in Nebensächlichem, das die Bedeutung nicht hat wie der Kern. Dieser
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Kern, das echte Wissen, muß allen verständlich sein. Künstlich Emporgeschraubtes kann in seiner Entfernung von der Natürlichkeit nur wenig Weisheit in sich bergen. Ein jeder hat das wahre Wissen nicht erfaßt, der es nicht einfach und natürlich weitergeben kann, sonst sucht er unwillkürlich etwas zu verdecken, oder ist wie eine aufgeputzte Puppe ohne Leben.
Wer in der Folgerichtigkeit noch Lücken läßt und dafür blinden Glauben fordert, der macht den vollkommenen Gott zu einem fehlerhaften Götzen und beweist, daß er den rechten Weg selbst nicht hat, und deshalb auch nicht sicher zu führen vermag. Das sei jedem ernsthaft Suchenden zur Warnung!
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Geist

Es wird so vielfach das Wort „Geist“ gebraucht, ohne daß sich der darüber Sprechende bewußt ist, was Geist eigentlich ist. Der eine nennt kurzerhand das Innenleben des Menschen Geist, der andere wirft Seele und Geist zusammen, auch wird oft von geistreichen Menschen gesprochen, wobei man an nichts weiter denkt als an die einfache Gehirnarbeit. Man spricht von Geistesblitzen und von vielem anderen. Doch niemand geht daran, einmal richtig zu erklären, was Geist ist. Das Höchste, was man bisher ,darunter verstand, liegt in dem Ausdrucke: „Gott ist Geist!“ Davon wird nun alles abgeleitet. Man suchte durch diese Behauptung auch Gott selbst verstehen zu können, und darin eine Erklärung über ihn zu finden.
Gerade das aber mußte wieder von der Wirklichkeit abzweigen und deshalb auch Irrungen nach sich ziehen; denn es ist falsch, einfach zu sagen: Gott ist Geist.
Gott ist göttlich und nicht geistig! Darin ruht schon die Erklärung. Man darf nie Göttliches als Geist bezeichnen. Nur Geistiges ist Geist. Der bisherige Fehler der Anschauung ist damit erklärbar, daß der Mensch aus dem Geistigen stammt, demnach auch nicht über das Geistige hinaus zu denken vermag, somit für ihn alles Geistige das Höchste ist. Es liegt deshalb nahe, daß er nun das Ungetrübteste und Vollkommenste davon als Ursprung der ganzen Schöpfung betrachten möchte, also als Gott. So kann man annehmen, daß der falsche Begriff nicht nur dem Bedürfnis entsprang, sich seinen Gott von eigener Art vorzustellen, wenn auch in jeder Beziehung vollendet, um sich mit ihm inniger verbunden zu fühlen, sondern die Ursache dazu liegt hauptsächlich in der Unfähigkeit des Erfassens der eigentlichen Höhe Gottes.
Gott ist göttlich, nur sein Wille ist Geist. Und aus diesem lebendigen Willen heraus erstand die ihm zunächst liegende geistige Umgebung, das Paradies mit seinen Bewohnern. Aus die-
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sem Paradiese aber, also aus dem Form gewordenen göttlichen Willen kam der Mensch als Geistsamenkorn, um seinen Lauf durch die weitere Schöpfung zu nehmen, als ein Stäubchen des göttlichen Willens. Der Mensch ist also eigentlich Träger des göttlichen Willens, demnach Träger des Geistes in der gesamten stofflichen Schöpfung. Aus diesem Grunde ist er in seinen Handlungen auch gebunden an den reinen Urwillen Gottes, und muß die volle Verantwortung dafür tragen, wenn er ihn durch äußere Einflüsse des Stofflichen unrein überwuchern und eventuell zeitweise ganz vergraben läßt.
Das ist der Schatz oder das Pfund, das in seiner Hand Zins und Zinseszins bringen sollte. Aus der falschen Voraussetzung, daß Gott selbst Geist sei, also von der gleichen Art wie der Ursprung des Menschen selbst, geht deutlich hervor, daß sich der Mensch niemals ein richtiges Bild von der Gottheit machen konnte. Er darf sich darunter nicht nur das Vollkommenste seiner selbst vorstellen, sondern muß weit darüber hinaus gehen zu einer Art, die ihm immer unbegreiflich bleiben wird, weil er zu deren Erfassung in seiner eigenen geistigen Art niemals fähig sein wird.
Geist ist also der Wille Gottes, das Lebenselixier der ganzen Schöpfung, die von ihm durchdrungen sein muß, um erhalten zu bleiben. Der Mensch ist der teilweise Träger dieses Geistes, der durch Sichselbstbewußtwerden zur Hebung und Weiterentwicklung der ganzen Schöpfung beitragen soll. Dazu gehört jedoch, daß er die Naturkräfte richtig verwenden lernt und zur konzentrierten Förderung benützt.
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Schöpfungsentwicklung

 Schon einmal habe ich darauf hingewiesen, daß die schriftlich niedergelegten Schöpfungsgeschichten nicht irdisch aufgefaßt werden dürfen. Auch die Schöpfungsgeschichte in der Bibel betrifft nicht die Erde. Die Schöpfung der Erde war lediglich eine natürliche Folgerung, die der durch den Schöpfer selbst vorgenommenen ersten Schöpfung in deren Weiterentwicklung entsprang. Es ist fast unbegreiflich, wie Schriftforscher einen so unlogischen und lückenbringenden weiten Sprung machen konnten in der Annahme, daß Gott unmittelbar nach seiner Vollkommenheit übergangslos die grobstoffliche Erde geschaffen haben soll.
Es braucht das „Wort“ in der Schrift nicht verändert zu werden, um der Wahrheit des Geschehens näher zu kommen. Im Gegenteil, das Wort der Schöpfungsgeschichte gibt viel deutlicher diese Wahrheit wieder als alle lückenhaften und falschen Annahmen. Nur die irrigen Auslegungen führten das Nichtverstehenkönnen so vieler Menschen herbei.
Diese empfinden ganz richtig den Fehler, der damit gemacht wird, daß man das in der Bibel genannte Paradies unbedingt auf die vorn Göttlichen so weit entfernte grobstoffliche Erde legen wollte. Es ist doch schließlich nicht so unbekannt, daß die Bibel in erster Linie ein geistiges Buch ist. Sie gibt Aufklärung über geistige Vorgänge, zu denen Menschen nur dort genannt werden, wo sie unmittelbar in Beziehung zur Verdeutlichung dieser geistigen Dinge stehen, diese illustrieren.
Schließlich ist es auch für den Menschenverstand verständlich, weil natürlich, wenn die in der Bibel niedergelegte Schöpfungsschilderung nicht die vom Schöpfer so weit entfernte Erde betrifft. Es wird kaum jemand die Tatsache zu bestreiten wagen, daß diese direkte und als erste bezeichnete Schöpfung Gottes auch nur in seiner unmittelbaren Nähe zu suchen sein kann, da sie ja als erstes von dem Schöpfer selbst ausging und da-
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durch mit ihm in engerem Zusammenhange stehen muß. Kein ruhig und klar Denkender wird erwarten, daß sich diese erste und eigentliche Schöpfung ausgerechnet auf der vorn Göttlichen am weitesten entfernten Erde abspielte, die erst in dem weiteren Verlauf der Entwicklung entstanden ist.
Von einem Paradiese auf Erden konnte deshalb nicht die Rede sein. Was Gott persönlich schuf, wie es in der Schöpfungsgeschiechte ausdrücklich heißt, verblieb selbstverständlich mit ihm auch direkt verbunden und mußte nur in seiner nächsten Nähe sein. Ebenso leicht erklärlich und natürlich ist die Folgerung, daß alles in so großer Nähe Geschaffene oder Hervorgegangene des Schöpfers eigener Vollkommenheit auch am      ähnlichsten verbleibt. Und das ist einzig und allein auch das Paradies, das ewige Reich Gottes!
Dieses sich aber auf der grobstofflichen Erde zu denken, muß Zweifler großziehen. Der Gedanke einer „Austreibung“ aus dem irdischen Paradiese, wobei die Ausgetriebenen doch immerhin auf der gleichen Erde bleiben müssen, zeigt so viel Ungesundes, ist so erkennbar und grob verirdischt, daß es fast grotesk zu nennen ist. Ein totes Bild, das den Stempel eines krampfhaft herbeigeführten Dogmas zeigt, mit dem kein vernünftiger Mensch etwas anzufangen weiß.
Je weniger vollkommen, desto weiter von der Vollkommenheit entfernt. Auch die aus der Vollkommenheit heraus geschaffenen geistigen Wesen können nicht die Erdenmenschen sein, sondern müssen dieser Vollkommenheit am nächsten stehen, und deshalb die idealsten Vorbilder für die Menschen abgeben. Es sind die ewigen Geister, die niemals in die Stofflichkeit kommen, also auch nicht Erdenmenschen werden. Strahlende Idealgestalten, die Magneten gleich anziehend, aber auch stärkend auf alle Fähigkeiten der menschlichen Geistkeime und späteren bewußt gewordenen Geister einwirken.
Das Paradies, das in der Bibel als solches genannt ist, darf also nicht mit der Erde verwechselt werden.
Zur näheren Erklärung wird es notwendig, noch einmal ein vollständiges Bild zu geben über alles Bestehende, um es dem
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suchenden Menschen leichter zu machen, den Weg in das ewige Reich Gottes, das Paradies, zu finden, dem er in seinen geistigen Uranfängen entstammt.
Der Mensch stelle sich als Oberstes und Höchstes das Göttliche vor. Gott selbst als Ausgangspunkt alles Seienden, als Urquell alles Lebens ist in seiner unbedingten Vollkommenheit wesenlos. Er hüllt sich zeitweise Form annehmend in den Mantel der sich dann anschließenden Göttlich-Wesenhatigkeit. Nach Gott selbst in seiner ureigensten Wesenlosigkeit folgt dieser Kreis des Göttlich-Wesenhaften. Ihm entstammen die ersten unbedingte Form Gewordenen. Dazu gehören in erster Linie die vier Erzengel, in zweiter und dritter Linie eine kleine Zahl Ältester. Diese Letzteren vermögen nicht in das Göttlich-Wesenlose einzugehen, sind aber von großer Bedeutung für die Weiterentwicklung zum Geistig-Wesenhaften, wie dann später die Bewußt-Wesenhaften große Bedeutung für die Entwicklung des Stofflichen haben. Aus dem Göttlich-Wesenhaften wurde Lucifer geschickt, um der Schöpfung in ihrer selbsttätigen Weiterentwicklung eine direkte Stütze zu sein.
Der Gottessohn kam aber aus dem Göttlich-Wesenlosen als ein Teil, der nach seiner Hilfsmission wieder eingehen muß zum Göttlich-Wesenlosen, zum Wiedereinswerden mit dem Vater. Der Menschensohn stammt ebenfalls aus dem Göttlich-Wesenlosen, direkt von Gott. Seine Abspaltung wurde durch Verbindung mit dem Bewußt-Geistig-Wesenhaften zum Gebote des Getrenntbleibens und doch auch wiederum direkt Verbundenseins mit dem Göttlich-Wesenlosen, damit er ewiglich der Mittler bleiben kann zwischen Gott und seinem Werke. Nachdem Lucifer als aus dem Göttlich-Wesenhaften Gekommener in seinem Wirken versagte, mußte an seiner Stelle ein Stärkerer ausgeschickt werden, der ihn fesselt und der Schöpfung hilft. Deshalb stammt der dafür bestimmte Menschensohn aus dem Göttlich-Wesenlosen.
An däs Göttlich-Wesenhafte schließt sich nun das Paradies, das ewige Reich Gottes. Es ist in erster Linie als das Zunächststehendste das Bewußt-Geistig-Wesenhafte, das aus den geschaf-
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fenen ewigen geistigen Wesen, oder auch Geister genannt, besteht. Diese sind die vollendeten Idealgestalten für alles das, wonach die Menschengeister in ihrer vollkommensten Entwicklung streben können und sollen. Sie ziehen magnetartig die Aufwärtsstrebenden empor. Diese selbsttätige Verbindung macht sich den Suchenden und Aufwärtsstrebenden fühlbar in einer oft unerklärlichen Sehnsucht,- die ihnen den Drang nach Suchen und Aufwärtsstreben eingibt.
Es sind die Geister, die niemals in die Stofflichkeit geboren wurden, die Gott selbst, der Urquell alles Seins und Lebens, als erste Reingeistige schuf, die also seiner eigenen Vollkommenheit auch am nächsten kommen. Sie sind es auch, die wirklich nach seinem Ebenbilde sind! Es darf nicht übersehen werden, daß es in der Schöpfungsgeschichte ausdrücklich heißt: Nach seinem Ebenbilde. Dieser Hinweis ist auch hier nicht ohne Bedeutung; denn nur nach seinem Bilde können sie sein, nicht nach ihm selbst, also nur nach dem, wie er sich zeigt, da das Reingöttliche selbst als Einziges wesenlos ist.
Um sich zu zeigen, muß sich Gott, wie schon erwähnt, erst in das Göttlich-Wesenhafte hüllen. Aber auch dann kann er von Geistig-Wesenhaften nicht gesehen werden, sondern nur von Göttlich-Wesenhaften, und das auch nur zu einem kleinen Teile; denn alles Reingöttliche muß in seiner vollkommenen Reinheit und Klarheit Nichtgöttliche blenden. Selbst die Göttlich-Wesenhaften vermögen nicht in das Angesicht Gottes zu schauen! Der Unterschied zwischen dem Göttlich-Wesenlosen und dem Göttlich-Wesenhaften ist dazu noch viel zu groß.
In diesem Paradies der Bewußt-Geistig-Wesenhaften lebt nun gleichzeitig auch das Unbewußt-Geistig-Wesenhafte. Es birgt dieselben Grundlagen, aus denen das Bewußt-Geistig-Wesenhafte zusammengesetzt ist, also die Keime dazu. In diesen Keimen nun liegt aber Leben, und das Leben in der ganzen Schöpfung drängt dem göttlichen Willen entsprechend nach der Entwicklung. Nach der Entwicklung zum Bewußtwerden. Es ist dies ein ganz natürlicher, gesunder Vorgang. Bewußtwerden aber kann aus dem Unbewußtsein nur durch Erfahrungen her-
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vorgehen, und dieser Drang zur weiteren Entwicklung durch Erfahrung stößt zuletzt derartig reifende oder drängende Keime des Unbewußt-Geistig-Wesenhaften selbsttätig ab, oder aus, wie man es nennen will, hinaus über die Grenze des Geistig-Wesenhaften. Da das Aus- oder Abstoßen eines Keimes nicht nach oben zu erfolgen kann, so muß er den ihm freibleibenden Weg nach unten zu nehmen.
   Und das ist die natürliche, für nach Bewußtwerden drängende Geistkeime notwendige Ausstoßung aus dem Paradiese, aus dem Geistig-Wesenhaften!
Das ist auch in Wirklichkeit die in der Bibel gemeinte Ausstoßung aus dem Paradiese. Bildlich ist es ganz richtig wiedergegeben, wenn gesagt wird: Im Schweiße Deines Angesichtes sollst Du Dein Brot essen. Das heißt, im Gedränge der Erfahrungen mit der dabei entstehenden Notwendigkeit der Verteidigung und des Erkämpfens gegenüber den auf ihn eindringenden Einflüssen der niederen Umgebung, in die er als Fremdling dringt.
Diese Ausstoßung, Abstoßung oder Austreibung aus dem Paradiese ist durchaus keine Strafe, sondern eine absolute, natürliche und selbsttätige Notwendigkeit bei Herannahen einer bestimmten Reife jedes Geistkeimes durch den Drang zur Entwicklung des Sichbewußtwerdens. Es ist die Geburt aus dem Unbewußt-Geistig-Wesenhaften in das Wesenhafte und dann Stoffliche zum Zwecke der Entwicklung. Also ein Fortschritt, nicht etwa ein Rückschritt!
Eine ganz richtige Bezeichnung in der Schöpfungsgeschichte ist es auch, wenn darin gesagt wird, daß der Mensch das Verlangen fühlte, „seine Blößen zu bedecken“, nachdem in ihm der Begriff von Gut und Böse erwachte, das langsame Einsetzen des Sichbewußtwerdens.
Mit dem stärker werdenden Drange nach dem Bewußtwerden erfolgt selbsttätig die Ausstoßung oder Abstoßung aus der Urschöpfung, dem Paradiese, um durch das Wesenhafte in das Stoffliche zu treten. Sobald nun das Geistsamenkorn aus dem Bereiche des Geistig-Wesenhaften hinaustritt, so würde es als
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solches in der niedereren, andersartigen und dichteren Umgebung „bloßstehen“. Anders ausgedruckt „unbedeckt“ sein. Es tritt damit an ihn nicht nur das Bedürfnis, sondern die unbedingte Notwendigkeit heran, sich mit der Wesens- und Stoffart seiner Umgebung schützend zu bedecken, eine Art Mantel umzulegen, die Wesenshülle, den feinstofflichen und zuletzt dann auch den grobstofflichen Körper anzunehmen.
Erst mit der Annahme des grobstofflichen Mantels oder Körpers erwacht dann der absolute Geschlechtstrieb, und damit auch die körperliche Scham.
Je größer nun diese Scham ist, desto edler ist der Trieb, und desto höher steht auch der geistige Mensch. Die mehr oder weniger ausgeprägte körperliche Scham des Erdenmenschen ist der direkte Maßstab für seinen inneren geistigen Wert! Dieser Maßstab ist untrüglich und jedem Menschen leicht erkennbar. Mit Erdrosselung oder Wegräumung des äußeren Schamgefühles wird auch gleichzeitig stets das viel feinere und ganz anders geartete seelische Schamgefühl erstickt und damit der innere Mensch wertlos gemacht.
Ein untrügliches Zeichen tiefen Sturzes und sicheren Verfalles ist es, wenn die Menschheit beginnt, unter der Lüge des Fortschrittes sich über das in jeder Beziehung fördernde Kleinod des Schamgefühles „erheben“ zu wollen! Sei es nun unter dem Deckmantel des Sportes, der Hygiene, der Mode, der Kindererziehung, oder vielen anderen dazu willkommenen Vorwänden. Der Niedergang und Sturz ist dann nicht aufzuhalten, und nur ein Schrecken größter Art kann einzelne davon noch zur Besinnung bringen, von allen, die sich gedankenlos auf diesen Weg ziehen ließen.
Von dem Augenblicke des natürlichen Ausgestoßenwerdens an ergeben sich auch mit dem Laufe eines derartigen Geistkeimes durch die Wesenhaften und Stofflichkeiten der weiteren Schöpfung nicht nur eine, sondern immer mehr und mehr dringende Notwendigkeiten seines Seins in diesen niedereren Schöpfungskreisen zu deren Weiterentwicklung und Hebung, die wiederum rückwirkend stärkend und festigend auf diesen
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Keim zu dessen eigener Entwicklung zum Sichbewußtwerden nicht nur beitragen, sondern es überhaupt erst ermöglichen.
Es ist ein gewaltiges Schaffen und Wehen, tausendfältig ineinander verwirkt, aber trotz aller lebendigen Selbsttätigkeit so zwingend logisch ineinandergreifend mit seinen Wechselwirkungen, daß ein einziger Lauf eines derartigen Geistkeimes bis zu seiner Vollendung wie der Teil eines farbenprächtigen Teppichs erscheint, der von zielbewußter Künstlerhand geformt wurde, entweder im aufsteigenden Sichbewußtwerden, oder abwärtsführend in der zum Schutze der anderen folgenden Zersetzung.
Es liegen so viel still und sicher arbeitende Gesetze in dem Wunderwerk der Schöpfung, daß man über jeden der tausenderlei Vorgänge in dem Sein der Menschen eine Abhandlung bringen könnte, die aber immer nur wieder auf den einen großen Grundzug zurücklaufen würde: auf die Vollkommenheit des Schöpfers als Ausgangspunkt, dessen Wille lebendig schaffender Geist ist. Der Heilige Geist! Alles Geistige ist demnach ein Stück des schöpferischen Willens! Die Ausgießung des Heiligen Geistes auf die Jünger also die Ausgießung des Willens für die Sendung der Jünger zur Verbreitung des durch Christus gebrachten lebendigen Wortes. Sie selbst vermochten das lebendige Wort nicht zu bringen, sondern konnten das schon gebrachte nur verbreiten.
Da der Mensch nun aus dem Geistig-Wesenhaften stammt, so trägt er in sich ein Teilchen dieses Gotteswillens, das die freie Entschlußkraft und damit die Verantwortung mit sich bringt. Ein Teilchen des Gotteswillens in sich zu tragen ist aber nicht gleichbedeutend mit dem Göttlichen selbst, wie es oft irrig angenommen und erklärt wird.
Alle Auswirkung des als Naturgesetze so helfend und fördernd arbeitenden göttlichen Willens in der Schöpfung muß sich dann wissend Überschauenden zu einem herrlich abgestimmten Jubelgesange formen. Zu einem einzigen in Millionen Kanälen zu diesem Ausgangspunkt hinströmenden Dank- und Frohgefühle.
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Der sich ewig wiederholende Werdegang in der Schöpfung, die die jeweilige Ausstoßung des Geisteskeimes aus dem Paradiese bei einer gewissen Reife mit sich bringt, zeigt sich auch irdischen Augen sichtbar in allen Dingen des Erdengeschehens, da überall das Abbild des gleichen Geschehens ist.
Man kann diese im natürlichen Werden sich entwickelnde Ausstoßung auch den Vorgang einer selbsttätigen Ablösung nennen. Genau wie ein reifer Apfel oder jede reife Frucht vom Baume fällt, um unter dem schöpferischen Willen sich zersetzend den Samen frei zu geben, der dann erst durch die damit direkt auf ihn einströmenden äußeren Einflüsse sprengt, um zum Keim und zur zarten Pflanze zu werden. Diese wiederum erwacht nur unter Regen, Stürmen und Sonnenschein zum Widerstand, kann auch nur so zum Baum erstarken. Damit ist die Ausstoßung der reifen Geistkeime aus dem Paradiese eine notwendige Folge der Entwicklung, wie auch die wesenhafte, stoffliche und zuletzt irdische Schöpfung in den Grundzügen nur eine Folgerung der geistig-wesenhaften Schöpfung ist, wobei sich zwar die Grundzüge der eigentlichen Schöpfung stets wiederholen, aber immer mit dem notwendigen Unterschiede, daß sich die Auswirkung verschieden je nach der Wesens- und Stoffart zeigt. Auch in dem Grobstofflich-Irdischen erfolgt bei dem Durchlaufen alles Geistig-Wesenhaften wieder die Ausstoßung desselben, sobald die Zeit der Reife dafür kommt. Das ist irdischer Tod, der die selbsttätige Ausstoßung oder Abstoßung aus dem Grobstofflichen und damit die Geburt hinüber in das Feinstoffliche bedeutet. Auch hierbei fallen wie von einem Baume Früchte ab. Bei ruhigem Wetter oder Verhältnissen nur die reifen, bei Stürmen und Unwetter aber auch unreife. Reife Früchte sind die, deren Hinübergang mit gereiftem inneren Samen zu feinstofflichem Jenseits zu rechter Stunde erfolgt. Diese sind geistig „fertig“ für das Jenseits, schlagen deshalb schnell Wurzeln und vermögen sicher emporzuwachsen.
Unreife Früchte aber sind die, deren Abfallen oder Tod mit der damit verbundenen Zersetzung des bis dahin schützenden
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grobstofflichen Körpers den jenseitigen noch unreifen Samen bloßlegt, und somit verfrüht allen Einflüssen preisgibt, wodurch dieser entweder verkümmern muß oder zum Nachreifen gezwungen ist, bevor er in dem jenseitigen Boden (Verhältnisse) einwurzeln (sich einleben) und damit emporwachsen kann.
So geht es immer weiter. Von Entwicklungsstufe zu Entwicklungsstufe, wenn dazwischen nicht Fäulnis eintritt, die nicht genügend gereiften Samen zersetzt, der damit als solcher verloren geht. Mit ihm natürlich auch das in ihm ruhende lebendige Wachstum zu einem selbsttätigen, fruchtbringenden Baume, der mitwirkend die Entwicklung fortsetzen kann.
Der Mensch, der aufmerksam um sich schaut, kann in seiner nächsten Umgebung vielfach das Grundbild alles Geschehens in der Schöpfung genau beobachten, da sich in dem Kleinsten immer auch das Größte widerspiegelt.— — —
Als Nächstes nun diesem geistig-wesenhaften Paradiese abwärts folgend ist das Reich alles Wesenhaften. Das Wesenhafte selbst zergliedert sich wieder in zwei Teile. Als Erstes ist das Bewußt-Wesenhafte. Dieses stellt sich zusammen aus den Elementar- und Naturwesen, zu denen die Elfen, Gnomen, Nixen usw. gehören. Diese Elementar- und Naturwesen waren die notwendige Vorbereitung zur Weiterentwicklung auf dem Wege zur Erschaffung der Stofflichkeit; denn nur in Verbindung mit Wesenhaftem konnte das Stoffliche hervorgehen.
Die Elementar- und Naturwesen mußten in der entstehenden Stofflichkeit schaffend mitwirken, wie es auch heute noch geschieht.
Als Zweites in dem Reiche des Wesenhaften ist das Unbewußt-Wesenhafte. Aus diesem Unbewußt-Wesenhaften kommt das Leben der Tierseele.*) Es ist hierbei auf den Unterschied zu achten zwischen dem Reiche des Geistig-Wesenhaften und dem Reiche des Wesenhaften. Lediglich alles Geistige trägt von Urbeginn an freie Entschlußkraft in sich, die als Folge auch Verantwortung bringt. Nicht so bei dem tiefer stehenden Wesenhaften.

*) Vortrag: „Der Unterschied im Ursprung zwischen Mensch und Tier“.
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Weitere Folge der Entwicklung war dann die Entstehung der Stofflichkeit. Diese zerfällt in das Feinstoffliche, das aus vielen Abteilungen besteht, und in das Grobstoffliche, das mit dem feinsten Nebel beginnend dem irdischen Auge sichtbar ist! An ein Paradies aber auf der Erde als äußersten Ausläufer des Grobstofflichen ist nicht zu denken. Es soll einmal auf Erden ein Abglanz kommen des wirklichen Paradieses, unter der Hand des Menschensohnes, in dem Beginn des tausendjährigen Reiches, wie auch dabei gleichzeitig ein irdisches Abbild der Gralsburg erstehen wird, deren Original auf höchster Höhe des wirklichen Paradieses steht, als bisher einzig wahrer Tempel Gottes.
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In dem Verlage der Gralsblätter erscheinen die weiteren Vorträge Abdrushins fortlaufend in einzelnen Heften. Als nächstes kommt zum Versand:

Gralsblätter, Serie II, Heft 1.

Aus dem Inhalte: Ich bin der Herr, Dein Gott. Die Geburt des Gottessohnes. Der Kreuztod des Gottessohnes und das Abendmahl. Die Grablegung Christi und die Auferstehtung. Irdisches Gericht im Lichte göttlicher Gerechtigkeit, u. a. m.
Abdruschin berührt darin mit großer Sicherheit einschneidende dogmatische Irrtümer, deren Klärung das innere Erleben der ernsten Wahrheitssucher befreiend löst und jeden bisherigen Zwispalt beseitigt.
Auch alle aus verschiedenen Ländern eingetroffenen Anfragen über die in Indien erfolgte öffentliche Ausrufung Krischnamurtis als „neuen Christus“ können darin ihre Antwort finden, da Abdruschin sich nicht mit derartigen intimen Angelegenheiten einer irdischen Vereinigung befaßt. Er weist aber in Heft 1 Serie II rein sachlich in unerbittlicher Logik lückenlos auf die absolute Unmöglichkeit solcher irdischen Wahlen oder Ausrufungen durch Menschen hin, in Dingen, deren Be-stimmung allein bei Gott liegen kann.
Ein also ausgerufener Christus ist nicht identisch mit dem so oft erwähnten Menschensohne dieser Gralsbotschaft, den einst die Menschheit in ihren schwersten Stunden suchen und an seinen Werken, also seinen Taten, wird erkennen müssen.
Die sich an das Buch „Im Lichte der Wahrheit, Neue Gralsbotschaft von Abdruschin“ direkt anschließenden Hefte der Serie II mit Abdruschins Vorträgen nehmen erst die Binde von den Augen der Suchenden, indem sie mit der Nutzanwendung der Gralsbotschaft beginnen. Sorgfältig wird dem tastenden
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Leser und Hörer die Hand gereicht und der Ausblick erweitert, so daß er weitschauend die Wirklichkeit erkennt.
Beglückt steht er dann und lauscht dem Heimatrufe, der ihn damit trifft. Alles, was er bisher nur verborgen ahnte, das die unbewußte Sehnsucht seiner Wünsche war, kommt in jubelnder Bejahung über ihn. Vom Licht umflossen, steht er freudig aufatmend wie ein nach langem Siechtum plötzlich Ge-sundeter, und fühlt erwartungsvoll die frische Kraft, die ihn in nie gekannter Art durchströmt, bereit, siegreich emporzu-steigen aus dem Wust drückender Irrtümer, der ihn umfangen hielt.
Bestellen Sie: Gralsblätter, Heft 1, Serie II, 50 Seiten stark, kartonniert, 60 Pfennig. Versandspesen 10 Pfennig.

Tutzing (Oberbayern)

Der Verlag.

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